Besser hätte der Saisonauftakt für die MT Melsungen kaum laufen können. Gegen den Aufsteiger TV Hüttenberg stand am Ende ein 28:21 (16:11) auf der Anzeigetafel. Knapp über 2.000 Besucher in der Kasseler Rothenbach-Halle sahen eine von beiden Teams engagiert geführte und unterhaltsame Partie. In der die Gastgeber nach kurzer Abtastphase nichts anbrennen ließen und ungefährdet die ersten beiden Zähler einstrichen.
Melsungens Trainer Michael Roth musste umstellen. Mal wieder. Nachdem schon die Vorbereitung immer wieder von Verletzungen gestört wurde fehlte gegen den Aufsteiger Felix Danner aufgrund eines Muskefaserrisses in der Leistengegend. Zudem plagte sich Anton Mansson noch mit den Nachwehen seiner Schulterverletzung und Kapitän Nenad Vuckovic, auch noch nicht lange wieder am Ball, drückte ebenfalls erst einmal die Bank.
Was zunächst noch wie ein Handicap aussah entpuppte sich dann jedoch schnell als echte Alternative auch für künftige Einsätze: Anton Mansson und Alin Sania bildeten gemeinsam einen nur schwer zu überwindenden Innenblock in der Verteidigung. Eingerahmt von Michael Allendorf und Alexandros Vasilakis auf den Halbpositionen harmonierte das Duo prächtig mit Torwart Per Sandström. Und leistete oft mehr als die blanke Vorarbeit für eine mit zunehmender Spieldauer immer famosere Leistung des vom Deutschen Meister HSV an die Fulda gewechselten Schweden.
Der war sofort hellwach und parierte schon in den Anfangsminuten zweimal gegen Hüttenbergs gefährlichsten Rückraumschützen Matthias Gerlich. Nach vorn lief bei der MT längst noch nicht alles rund. Das Wechselspiel von Alin Sania und Grigorios Sanikis, der im Angriff zum Zuge kam, kostete Zeit, und damit Tempo. So dass sich die Gäste meist schon wieder formiert hatten, bis die MT ihr Offensivspiel aufziehen konnte. Der Aufsteiger nutzte diesen Vorteil konsequent und ging nach einem ansatzlosen Wurf aus der Hüfte von Sven Pausch nicht unverdient mit 4:2 in Führung (8.). Bis dahin hatte auch Matthias Ritschel im Kasten der Gäste Per Sandström nicht viel nachgestanden.
Danach kam Melsungen auch in der Vorwärtsbewegung besser ins Spiel. Vor allem dann, wenn nicht auf den Wechsel Sania/Sanikis gewartet, sondern direkt und schnell nach vorn gespielt wurde. Dann natürlich zwangsläufig über die rechte Seite, wo Alexandros Vasilakis und Savas Karipidis von der glänzenden Übersicht Patrik Fahlgrens profitierten. Beim 4:4 nahm Vasilakis einen Pass des Schweden auf und setzte sich mit einer Körpertäuschung gegen zwei Hüttenberger durch; beim 6:5 leitete er ein weiteres Fahlgren-Zuspiel uneigennützig hinter dem Rücken auf Karipidis weiter, der Ritschel keine Abwehrchance ließ. Viermal in Folge netzte der ehemalige Bundesliga-Torschützenkönig ein, was seiner Mannschaft den ersten etwas komfortableren Vorsprung der Partie bescherte (8:5, 12.). Gerade als sich die TV-Hintermannschaft auf diese Variante eingestellt hatte, schlug Grigorios Sanikis, von der Bank kommend, eiskalt auf der anderen Seite zu.
Jan Gorr nahm eine Auszeit, brachte seinen ebenfalls angeschlagenen Spielmacher Florian Laudt aufs Feld. Der sollte vorgezogen vor der Abwehr die Kreise von Fahlgren einengen. Was ihm durchaus gelang. Dafür sprangen bei Melsungen die Halben im Zusammenspiel mit dem Kreis in die Bresche: Anspiel Vasilakis, Drehung Mansson, Tor – 10:6. Nur eine Minute später Anspiel Sanikis, Drehung Mansson, Tor – 11:6. Was Jan Gorr in diesen Minuten auch versuchte, die MT hatte die passende Antwort parat. Vor allem in Person von Per Sandström, der einen Ball nach dem andere parierte und von Matthias Gerlich selbst vom Siebenmeterpunkt nicht zu überwinden war.
Ausgerechnet eine Strafzeit gegen den Hüttenberger Andreas Lex brachte die MT etwas aus dem Tritt. Unkonzentriertheiten schlichen sich ein, und der überaus agile Florian Billek verkürzte in Unterzahl seiner Mannschaft auf 11:8. Erst als mit Timm Schneider der zweite Hüttenberger zwei Minuten kassierte traf Savas Karipidis wieder von Außen. Nur eine weitere Sandström-Parade später profitierte Michael Allendorf von der Übersicht Fahlgrens und dessen herrlichen Pass quer über die halbe TVH-Deckung auf Linksaußen. Savas Karipidis legte vom Siebenmeterpunkt nach, verabschiedete sich dann jedoch durch ein Foul gegen Sebastian Weber bei dessen Tor zum 14:10 auf die Strafbank. Wohin ihm eine Minute vor dem Pausenpfiff Michael Allendorf folgte. Glück für den TV Hüttenberg in dieser Phase, da die Gastgeber gerade drauf und dran waren ihre Überlegenheit auch in Toren deutlicher auszudrücken. Mit fünf Treffern Rückstand bei Halbzeit waren die Mittelhessen schließlich noch gut bedient.
Geschlagen geben wollten sie sich aber noch nicht. Nach Wiederbeginn noch eine Minute in Überzahl, verkürzten Florian Laudt und Matthias Gerlich auf 16:13. Und blieben bis zu Florian Billeks Tor zum 20:16 auch in Schlagdistanz. Um in den folgenden fünf Minuten schließlich alle Hoffnungen auf eine Überraschung aufgeben zu müssen. Alexandros Vasilakis, Grigorios Sanikis, Savas Karipidis und Michael Allendorf schraubten das Ergebnis mit glänzender Unterstützung der Innenverteidigung auf acht Tore Differenz nach oben. Zu einem Zeitpunkt, da der wirklich auch nicht schlecht haltende Matthias Ritschel seinen Platz für Milos Putera räumte, drehte Sandström in Zusammenarbeit mit Mansson und Sania erst richtig auf. Zweimal Michael Stock, zweimal Florian Laudt, einmal Matthias Gerlich – alles geblockt oder gehalten. Allein die technischen Fehler der Melsunger im Vorwärtsgang verhinderten ein Debakel des Aufsteigers. Meist geschuldet der nachlassenden Konzentration und dem Gefühl des inzwischen sicheren Sieges vor Augen.
Michael Roth machte aus der aufkommenden spielerischen Not eine Tugend und brachte Alin Sania am Kreis sowie Jens Schöngarth und auch Nenad Vuckovic im Rückraum. Der Kapitän, eigentlich noch Rekonvaleszent, bedankte sich prompt mit einer feinen Einzelleistung zum 27:19. Während sich Jens Schöngarth von Timm Schneider unnötig provozieren ließ. Gerade noch im Angriff vom Hüttenberger unfair, aber ungestraft beim Wurfversuch attackiert, revanchierte sich Schöngarth beim folgenden TVH-Angriff. Schneider ging zu Boden, verletzte sich und musste das Spielfeld auf der Trage verlassen. Jens Schöngarth sah für seine Aktion die Rote Karte. Die jedoch, weil ohne Bericht, keine weitere Sperre nach sich ziehen wird.
Am Ende war es ein sicherer, wenn auch vor allem nach der Pause unspektakulärer Auftaktsieg der Nordhessen. Die in Per Sandström den überragenden Mann des Tages in ihren Reihen hatten, und die - der Verletzung von Danner geschuldet - im Duo Mansson/Sania eine echte Alternative für die Innenverteidigung entdeckten. Der TV Hüttenberg lieferte als Neuling eine ordentliche Leistung ab, produzierte jedoch zu viele Fehler um das Spiel bis zum Ende offen zu halten. Mit Eintracht Hildesheim wartet am kommenden Wochenende der nächste Aufsteiger auf die MT Melsungen (Sonntag, 17.30 Uhr, Sparkassen-Arena Hildesheim). Während für Hüttenberg gegen den THW Kiel wohl wenig zu holen sein wird.
Stimmen zum Spiel
Michael Roth: Wir sind mit sehr großem Respekt an diese Aufgabe herangegangen. Meine Mannschaft hat auf mich gehört und ist von Anfang an sehr konzentriert zu Werke gegangen. Speziell Anton Mansson und Alin Sania haben in der Deckungsmitte einen sehr guten Job gemacht. Zusammen mit der tollen Torwartleistung von Per Sandström war das die Basis. Einen Schönheitspreis wollten wir nicht unbedingt gewinnen, aber die zwei Punkte. Was wir ja auch geschafft haben. Hinten war das schon sehr ordentlich, vorn haben wir noch viel Luft nach oben.
Jan Gorr: Glückwunsch an die Gastgeber zu zwei wirklich verdienten Punkten. Es wäre heute eigentlich über viele Dinge zu reden, denn für uns war das nach der langen Zeit Abstinenz von der ersten Liga ein ganz besonderes Spiel. In das wir unsere Qualitäten leider nicht einbringen konnten. Das wäre das schnelle Umschalten von Abwehr auf Angriff, und daraus folgend schnelle, leichte Tore gewesen. Aber wir haben dabei einfach zu viele Fehler gemacht, und dann reicht es gegen eine gut besetzte Mannschaft wie Melsungen eben nicht. Trotzdem haben wir in Teilen eine ordentliche Leistung abgeliefert und können so durchaus noch etwas Positives aus der Niederlage ziehen.
Quelle: http://www.toyota-handball-bundesliga.de/