Die Mentalitätsmonster schlugen zu

05.03.2018 9:54
Foto: Rainer Justen
Für die meisten Handballfans steht felsenfest, wenn der Tabellenvorletzte der Bundesliga beim heimstarken Achten antreten muss, wer Außenseiter beziehungsweise Favorit der Begegnung ist. Doch Michael Biegler, der Chefcoach des SC DHfK Leipzig, hatte vor dem Gegner seiner Mannschaft gewarnt: „Sie können nach der letzten Niederlage gegen TVB Stuttgart ohne Druck aufspielen!“ Das taten die Eulen aus Ludwigshafen auch... Foto: Rainer Justen Der starke, neu zusammengestellte Rückraum der Friesenheimer drehte regelrecht auf. Alexander Feld, Patrik Hruscak, David Schmidt und Azat Valiullin trafen immer wieder in den Kasten der Grün-Weißen. Die Einheimischen wollten der Entwicklung mit einem neuen Torwart entgegenwirken und wechselten Jens Vortmann ein, der „Professor“ parierte auch mehrere Würfe, doch konnte das Geschehen nicht wesentlich ändern. Die Friesenheimer blieben vorn. 1:2, 3:5, 5:8. Denn die Gäste stellten außerdem eine sattelfeste Abwehr mit einem wieselflinken Jonathan Scholz auf der Spitze. Auch Torwart Roko Peribonio hatte einen „Sahnetag“ erwischt. Sie besaßen in der Mitte der ersten Halbzeit folgerichtig die Chance, den eigenen Vorsprung auf vier Treffer auszubauen, doch blieben plötzlich zehn Minuten ohne Tor. Die körperkulturellen Handballer hatten durch die Einwechslung der lange verletzten Niclas Pieczkowski und Andreas Rojewski mehr Struktur ins Spiel gebracht. Yves Kunkel erzielte seinen einhundertsten Saisontreffer. Alen Milosevic rackerte am gegnerischen Kreis. So konnten die Gastgeber erstmals in der Auseinandersetzung mit 9:8 Toren in Führung gehen. Doch die zehn starken Minuten waren unmittelbar vor dem Seitenwechsel vorbei. „Wir haben uns wieder auf den Füßen gestanden und klare Chancen ausgelassen“, erinnerte sich Michael Biegler. Die Friesenheimer gingen mit einem eigenen 9:10-Vorsprung in die Pause. Die knappe Führung schien die Eulen aus Ludwigshafen zu beflügeln. Sie setzten ihren Spielplan konsequent um, störten die Gastgeber mit aggressiven Aktionen und reizten die eigenen Angriffe bis zum wiederholten Zeitspiel aus. Same procedure as every time: Der Rückraum der Friesenheimer ballerte abermals einen Drei-Tore-Vorsprung heraus. Same procedure as every time: Die Gäste besaßen wiederum die Chance, den eigenen Vorsprung auf vier Treffer auszubauen. Die Zwischenstände lauteten 14:17 beziehungsweise 15:18. Sie konnten sogar die umstrittene rote Karte gegen den starken Jonathan Scholz kompensieren. Insbesondere in dieser Phase kamen die lautstarken Handballfans in der Arena an der Jahnallee ins Spiel. Sie rüttelten die eigene Mannschaft regelrecht wach. „Ich muss mich zuallererst für die bedingungslose Unterstützung der Mannschaft bedanken!“ leitete Michael Biegler seine spätere Einschätzung der Begegnung ein. Peter Strosack verwandelte einen Konter und Philipp Weber einen Siebenmeter. Lukas Binder konnte den überragenden Roko Peribonio aus einem ganz spitzen Winkel überwinden. So glichen die Grün-Weißen tatsächlich aus. Die Zuschauer standen auf. Allerdings warf mit Alexander Feld ausgerechnet ein ehemaliger Leipziger die Friesenheimer wieder in Front. Er hatte die Nülle – bei einem drohenden Zeitspiel – mit einem fulminanten Schlagwurf in den rechten Winkel gehämmert. Allein der Treffer hätte dem tapferen Außenseiter mindestens einen Punkt bringen müssen. Der Spielstand in der vorvorletzten Minute lautete 19:20. Aber ein Handballspiel dauert nun mal eine ganze Stunde. Plötzlich machten die einheimischen „Mentalitätsmonster“ alles richtig. Erst schaffte Peter Strosack das Ausgleichstor, kassierte dann eine Zeitstrafe, so dass die Gastgeber die restliche Spielzeit in Unterzahl spielten und den Friesenheimern zusätzliche Lücken boten. Doch die Friesenheimer konnten – im Gegensatz zu den Leipzigern – den Freiraum nicht nutzen. Lucas Krzikalla mit einem Kontertor und Andreas Rojewski mit einem Rückraumtreffer erhöhten für den Favoriten auf 23:20. Es hätte aber auch andersrum ausgehen können. Ich habe heute keinen Unterschied zwischen den beiden Mannschaften gesehen“, sagte Michael Biegler nach dem Match. Benjamin Matschke (Trainer „Die Eulen“ Ludwigshafen) „Ich bin heute nur unzufrieden mit der letzten Unterzahlsituation bei Unentschieden, denn da haben wir uns nicht clever genug verhalten. Wir hätten heute durchaus einen Punkt aus Leipzig entführen können. Zum Schluss hat man die Erfahrung von Beagle gesehen, der unseren Matchplan, der lange Zeit aufging, zunichtegemacht hat. Ich schaue den SC DHfK Leipzig sehr gerne an, denn die Mannschaft ist einfach ein Mentalitätsmonster. Mein Respekt vor dem, was in Leipzig in den letzten Jahren geleistet wurde, ist maximal. Daran sieht man, was bei uns noch fehlt. Wir würden uns sehr freuen, auch nächste Saison mit den Eulen wieder hier sein zu können.“ Michael Biegler (Trainer SC DHfK Leipzig): „Es wäre ein großer Fehler, sich nicht zuerst bei allen Fans für die große Unterstützung zu bedanken. Es war klar, dass die Eulen nach ihrer Heimniederlage gegen Stuttgart bei uns wesentlich befreiter aufspielen werden. Wir sind sehr schlecht ins Spiel gekommen, aber unsere Situation war nach vier Niederlagen in Folge nicht einfach und die Mannschaft musste sich erst reinbeißen. Das hat sie mit den Fans zusammen geschafft. Wir haben großen Respekt vor der Leistung der Eulen. Auch wenn es schon etwas her ist, auch ich war mal eine Eule und wir drücken Ludwigshafen ganz fest die Daumen für die restliche Saison.“ Statistik SC DHfK Leipzig gegen „Die Eulen“ Ludwigshafen 23:20 (9:10) Leipzig: Vortmann 2, Putera; Rojewski 5, Jurdzs, Krzikalla 1, Binder 1, Janke 1, Pieczkowski, Kunkel 4/3, Roscheck, Weber 2, Rivesjö, Strosack 3, Remke, Meschke, Milosevic 4 Ludwigshafen: Klier, Peribonio; Hanemann, Hruscak 2, Dietrich, Scholz 1, Haider 1, Feld 4, Falk, Durak 3/3, Bührer, Djozic, Valiullin 4, Schmidt 5 Zuschauer: 3728 Handballfans in der ARENA Leipzig Siebenmeter: Leipzig 4/6; Ludwigshafen 3/3 Zeitstrafen: Leipzig 8 Min; Ludwigshafen 10 Min Rote Karte: Scholz (Ludwigshafen/41. Minute) Erstellt von Spielbericht: Leutzscher Welle Quelle: PM SC DHfK Handball

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