2. Handball-Bundesliga: HSG Konstanz – TUSEM Essen 31:30 (17:14)
Der HSG Konstanz ist es gelungen, nach dem Coup in Dresden direkt nachzulegen. In einem mitreißenden Duell mit TUSEM Essen vor über 1350 enthusiastischen Fans behielt Konstanz trotz des Ausfalls von sechs Spielern, darunter Toptorschütze Paul Kaletsch, mit 31:30 (17:14) die Oberhand. Getragen von einer frenetischen Kulisse im Hexenkessel „Schänzlehölle“ sorgten allen voran die überragenden Tom Wolf (neun Tore), Maximilian Schwarz (acht) und Torwart Maximilian Wolf (zwölf Paraden, 34 Prozent gehaltene Würfe) dafür, dass Essen nach sieben ungeschlagenen Spielen und 13:1 Punkten in Folge erstmals seit Mitte Oktober wieder als Verlierer das Spielfeld verlassen musste. Die HSG gab damit die Rote Laterne ab und hat mit nun acht Punkten nur noch vier Punkte Rückstand auf das rettende Ufer.
13 Minuten vor Spielende stand die Halle das erste Mal komplett. Stehende Ovationen, lautstarkes Anpeitschen für eine erneut verletzungsgebeutelte und dezimierte HSG Konstanz, die das derzeit formstärkste Team der 2. Bundesliga am Rande einer Niederlage hatte. Tim Jud tänzelte zwei Gegenspieler auf kleinstem Raum aus und traf kurz darauf zum 23:22 – und die Halle tobte. Denn während Essen mit riesengroßem Selbstvertrauen an den Bodensee gereist war, hatten die Gelb-Blauen schon vor Anpfiff die nächsten Hiobsbotschaften zu verdauen. Zu fünf Langzeitverletzten kam, nach Problemen am vor Jahren operierten Knie, der Ausfall von Paul Kaletsch – Topscorer und drittbester Torschütze der Liga – und das Handicap, dass Shooter Mathias Riedel die komplette Woche nicht hatte trainieren können und angeschlagen in der Offensive nur wenig mitwirken konnte. Somit fehlte der HSG eigentlich eine komplette Handballmannschaft.
„Es klingt zwar blöd, aber wir sind es mittlerweile leider schon gewohnt, dass immer wieder ein neuer Spieler verletzt ist“, zuckte Maximilian Schwarz mit den Schultern – lächelnd. Denn eben der Linkshänder war es, der als Ersatz für Kaletsch ganz groß aufspielte. Acht Würfe, acht Tore, 100 Prozent Trefferquote – überragend. „Wir haben als Mannschaft gespielt, für einander, jeder hat seinen Teil dazu beigetragen, dass wir heute ein gutes Spiel gemacht haben“, lobte Schwarz ganz bescheiden das gesamteTeam. Neben ihm brachte sein Namensvetter Maximilian Wolf im HSG-Tor vor allem in der ersten Halbzeit die von Anfang an stimmungsgeladene Schänzlehölle zum Kochen, parierte neunmal im ersten Durchgang – bei lediglich 14 Gegentoren.
Als dann auch noch Tom Wolf mit einem bärenstraken Auftritt, viel Übersicht, aber auch viel Torgefahr glänzte und mit neun Treffern zum Top-Torschützen der Partie avancierte, knisterte es im Konstanzer Hexenkessel und die Sensation lag in der Luft. Schon als Konstanz durch Chris Berchtenbreiter früh mit 6:4 in Führung gegangen war (9.), hatten die Gastgeber die erste Duftmarke gesetzt und den deutlichen Aufwärtstrend der letzten Spiele bestätigt. Essen zeigte sich vor allem mit seinem enormen Tempo im Eins-gegen-Eins brandgefährlich und konnte zwischenzeitlich zum 10:10 ausgeglichen.
Doch die letzten Minuten vor der Pause gehörten den Gastgebern. Tom Wolf und Maximilian Schwarz trafen nun fast nach Belieben und stellten den Vorsprung auf 16:14, nachdem Moritz Mangold kurz vor der Pause pariert hatte. Doch Tom Wolf antizipierte den schnellen Abwurf des TUSEM-Schlussmanns, sprintete dazwischen und traf, noch im Flug, direkt und mit der Pausensirene zum 17:14 aus 15 Metern. Danach: Ekstase auf den Rängen! Keinen der mehr als 1350 heißblütigen HSG-Fans hielt es jetzt noch auf den Sitzen. Mit minutenlangen Standing Ovations wurde die HSG in die Kabine verabschiedet.
Doch wie schon in den vorangegangenen Heimspielen gab Konstanz einen Vier-Tore-Vorsprung (19:15/36.) aus der Hand. Nach 50 Minuten besorgte Justin Müller die erste Essener Führung des Spiels zum 23:24. Die hielt aber nur drei Sekunden, denn Chris Berchtenbreiter setzte direkt vom Mittelkreis den Ball in das leere Tor des dreimaligen deutschen Meisters, Pokalsiegers und Europapokalgewinners. In einer an Spannung kaum zu überbietenden Schlussphase ließen Tom Wolf und Tim Jud die HSG-Fans jubeln, doch Essen glich jeweils postwendend aus. Bis der eingewechselte Konstantin Poltrum mit wichtigen Paraden Schlimmeres verhinderte und wieder Maximilian Schwarz mit Tor Nummer sieben und acht durch die Deckung des Ruhrpott-Teams brach und die Halle zum Explodieren brachte. 30:28 und nur noch 54 Sekunden auf der Uhr. Aber erst Felix Klingler konnte 20 Sekunden vor Schluss mit dem 31:29 endgültig für die Entscheidung sorgen, das letzte Tor von Tim Jud zum vermeintlichen 32:30 kam Sekundenbruchteile zu spät, ging aber ohnehin im ohrenbetäubenden Lärm unter.
Essen war nach sieben Spielen geschlagen, Konstanz hatte den zweiten Sieg hintereinander errungen und weder auf dem Spielfeld noch auf der Tribüne gab es jetzt noch ein Halten. Minutenlanger Ausnahmezustand in Konstanz. „Die Halle ist völlig ausgetickt, heute war perfekt, der Wahnsinn“, sprudelte es danach aus Matchwinner Tom Wolf heraus. „Die ganze Mannschaft zerreißt sich, die Halle ist tierisch laut. Leidenschaft, Heimstärke, volle Halle, darauf lässt sich aufbauen.“
HSG-Cheftrainer Daniel Eblen strahlte nach dem zweiten Coup seiner Mannschaft innerhalb einer Woche ebenfalls: „Wir haben hier alle ein ganz tolles Handballspiel gesehen, in dem alles dabei war, was unseren Sport so interessant macht.“ TUSEM Essen sah er in der Offensive „in den Zweikämpfen unglaublich gut, wir haben weniger Fehler als zuletzt gemacht, eine gute Leistung abgeliefert und gerade in Sachen Effektivität deutlich zugelegt. Der Sieg in Dresden hat uns näher zusammengebracht und wir haben gekämpft bis zum Ende.“ Felix Klingler zeigte sich erleichtert: „Das haben wir uns verdient. Max und Tom haben heute eine Topleistung gebracht, ohne die wäre es eng geworden. Das tut verdammt gut. Diese Serie wollen wir jetzt so lange wie möglich aufrecht halten.“
HSG Konstanz – TUSEM Essen 31:30 (17:14)
HSG Konstanz: Maximilian Wolf (12 Paraden), Konstantin Poltrum (3 Paraden) (Tor); Fabian Schlaich, Mathias Riedel (1), Tom Wolf (9/4), Felix Krüger (2), Fabian Maier-Hasselmann, Felix Gäßler (2), Tim Jud (5), Jonas Löffler, Chris Berchtenbreiter (2), Maximilian Schwarz (8), Felix Klingler (2), Julius Heil.
Trainer: Daniel Eblen
TUSEM Essen: Bliss (7 Paraden), Mangold (2 Paraden) (Tor); Beyer (6), J. Ellwanger (3), Hegemann, L. Ellwanger (1), Roosna (1), Kintrup, Szczesny (7), Käßler (3), Ridder (2), Müller (4), Seidel, Skroblien (3/3), Zechel.
Trainer: Jaron Siewert
Zuschauer: 1350 in der Schänze-Sporthalle Konstanz.
Schiedsrichter: Jan Lier aus Korntal-Münchingen und Manuel Lier aus St. Gallen.
Zeitstrafen: 2 Min. (Berchtenbreiter 10.) – 6 Min. (Hegemann, 24.; Seidel, 41.; Skroblien, 49.)
Siebenmeter: 4/4 – 3/5 (Beyer an Latte, 34.; Skroblien neben das Tor, 43.)
Weitere Informationen unter:
www.hsgkonstanz.de
Quelle: PM HSG Konstanz