(gek) Konstanz ist eine Stadt, die vieles zu bieten hat: Hochschulen etwa, eine reizvolle Altstadt, ein herrlicher Blick auf die Alpen, wenn mal gute Sicht ist, und ein Stadtteil namens Paradies. Nicht im Paradies, sondern völlig am Boden fühlte sich Pascal Kirchenbauer im November des letzten Jahres. Und das in der Bodenseestadt. Die TSG Ludwigshafen-Friesenheim war Gast bei der HSG Konstanz und nach einer Viertelstunde Spielzeit passierte es bei einem Zweite-Welle-Angriff. Pascal, der nach seinem Comeback zunächst überwiegend in der Abwehr spielte, hatte die Kugel gerade gefangen und überlegte, wohin damit. Und bei einer folgenden Stoppbewegung verdrehte sich der Mittelmann das Knie, wobei der 21-Jährige sofort wusste, dass es ihn ein zweites Mal erwischt hatte –Kreuzbandriss, dieses Mal war das linke Knie betroffen. Der Mittelmann, der auf dieser Position als eines der größten Talente in Deutschland gilt, schildert, wie er mit dieser Situation umgegangen ist und darauf hinarbeitet, eines Tages wieder für die Eulen auflaufen zu können.
Ein Déjà-vu der unliebsamen Art hast Du in Konstanz erleben müssen, ein zweiter Kreuzbandriss in Deiner noch jungen Karriere nach dem ersten elf Monate zuvor in Warendorf, passiert bei einem DHB-Lehrgang. Was geht da in einem vor, in den ersten Minuten nach diesem Riesenverletzungspech?
Pascal Kirchenbauer: Der Gedanke an ein vorzeitiges Karriereende ist mir noch in Konstanz durch den Kopf gegangen, das war´s wohl, habe ich mir gesagt.
Das änderte sich aber.
Kirchenbauer: Ja, zwei Tage später war der Gedanke an ein Karriereende weg. Für mich zählte ab sofort nur noch das: ich mache die Reha und komme wieder zurück.
Was hilft in den ersten Stunden danach?
Kirchenbauer: Ich habe viele aufbauende Worte zu hören bekommen, von der Familie, von der Mannschaft, von den Trainern, von Freunden. Jedes aufmunternde Wort hilft, den Kopf gewissermaßen wieder aufzurichten.
Welche Rolle spielte dabei Trainer Ben Matschke, der selbst aufgrund einer Re-Ruptur eines Kreuzbandes seine Karriere hat vorzeitig beenden müssen?
Kirchenbauer: Ich glaube, mit der Verletzung an sich muss jeder seinen eigenen Weg finden, damit umzugehen. Ben hat mir aber insofern stark geholfen, als er mir mitteilte, dass er auf mich baue und mich trotz der zweiten schweren Verletzung innerhalb eines Jahres nicht fallen lässt.
Unterscheidet sich die erste Kreuzband- von der zweiten Kreuzbandverletzung?
Kirchenbauer: Bei der zweiten Knieverletzung war auch der Meniskus betroffen. Das bedeutete, dass ich sechs Wochen an Krücken zu gehen hatte, denn das musste erst verheilen, ehe eine Reha beginnen konnte. Auch die zweite Kreuzband-OP wurde im Uni-Klinikum in Münster von Dr. Clemens Kösters durchgeführt. Den Kontakt hatte, wie im ersten Fall, TSG-Mannschaftsarzt Dr. Matthias Kusma hergestellt.
Wie gliedert sich Deine aktuelle Reha-Maßnahme?
Kirchenbauer: Wie meine erste, mache ich auch die zweite in Mannheim bei Sportomed Reha. Betreut werde ich dort hauptsächlich von der Physiotherapeutin Nadine Göhring. Zu Beginn der Reha standen überwiegend Behandlungen auf der Tagesordnung, wie Lymphdrainage und Bewegungstherapie. In den ersten Wochen ist es auch nicht möglich, viel mehr zu machen, da geht es hauptsächlich darum, die Schwellung aus dem Knie zu bekommen. Meine Reha-Maßnahme begann mit viel Lymphdrainage. Dann folgten leichte Trainingsformen, wie Bewegungsübungen und Radfahren zum Beispiel. Danach kamen Kraft- und Stabilisationsübungen ins Programm, ebenso Laufen und schließlich Sprünge.
Wie geht es dann weiter?
Kirchenbauer: Es folgt die Eingliederung in das Mannschaftstraining. Dabei ist es wichtig, mit handballspezifischen Übungsformen zu beginnen und diese zu steigern, bis der alltägliche Trainingsbetrieb wieder möglich ist. Das Sportomed bietet mir die Möglichkeit, meine Kraftwerte immer wieder anhand des isokinetischen Trainings zu überprüfen. Somit erfolgt jeder der beschriebenen Schritte erst nach Erreichen eines bestimmten Kraftniveaus.
Wie verfährt man bei Rückschlägen in der Reha?
Kirchenbauer: Mit kleineren Rückschlägen ist immer wieder zu rechnen. In diesem Fall wird das Training an die Beschwerden angepasst. Sollte es daraufhin nicht besser werden, ist eine Reha-Pause unumgänglich. Da muss man einfach auf seinen Körper hören!
Was machst Du über die Reha-Maßnahme bei Sportomed hinaus noch für Dich?
Kirchenbauer: Ich gehe ins Fitnessstudio und trainiere dort vor allem den Oberkörperbereich. Dazu gehe ich ab und an schwimmen. Auch möchte ich in nächster Zeit ein Mentaltraining absolvieren.
Was ist in einer Reha-Maßnahme besonders wichtig?
Kirchenbauer: Es sind die Fortschritte, die elementar sind, und die du einfach auch für den Kopf benötigst.
Wie sieht der zeitliche Plan aus, wann Du wieder ins Mannschaftstraining einsteigen könntest?
Kirchenbauer: Wenn alles optimal läuft, könnte es zur Vorbereitung der neuen Saison klappen. Allerdings habe ich mir dieses Mal vorgenommen, keinen genauen Zeitpunkt festzulegen. Glücklicherweise steht der Verein auch in dieser Sache voll hinter mir und räumt mir hierbei die Zeit ein, die ich benötige.
Die TSG ist aktuell Tabellenfünfter und, wie die DJK Rimpar Wölfe, in der Verfolgerrolle des Führungstrios. Um aufzusteigen, müssen die Eulen an zwei Teams vorbeiziehen. Für wie realistisch hältst Du dieses Szenario?
Kirchenbauer: Ich glaube, es ist noch alles möglich. Dabei gilt es aber von Spiel zu Spiel zu schauen. Wir haben noch mehr Heim- als Auswärtsspiele. Das kann hinten raus noch ein großer Vorteil werden.
(Das Interview führte Gerold Kuttler)
Quelle: PM TSG Ludwigshafen-Friesenheim