Große Enttäuschung herrschte bei der HSG Konstanz nach der vermeidbaren 34:38-Niederlage beim TUSEM Essen und einem Offensivspektakel, bei dem beide Abwehrreihen nicht viel zu melden hatten. Ein spielfreies Wochenende bleibt den Mannschaften in der 2. Handball-Bundesliga nun dank einer Länderspielpause zum Durchatmen, bevor die HSG in der heimischen „Schänzle-Hölle“ den ASV Hamm am 13. Mai, 20 Uhr, zur nächsten richtungsweisenden Partie im Kampf um den Klassenerhalt empfängt.
HSG-Pressesprecher Andreas Joas sprach mit Torhüter Konstantin Poltrum über die in Essen deutlich gewordenen Abwehrprobleme, die Schwierigkeiten für Torhüter dabei, die verpasste Chance auf zwei Big Points und die Möglichkeit zur Regeneration vor dem Saisonendspurt.
Obwohl der ehemalige Jugend-und Junioren-Nationaltorwart verletzungsbedingt zwei Spiele weniger als die Konkurrenz absolvieren konnte, rangiert der 23-Jährige Ex-Hüttenberger, der erst kürzlich seinen Vertrag um ein Jahr verlängert hat, mit 310 Paraden und 32,22 Prozent abgewehrter Versuche auf Platz fünf der besten Schlussmänner der 2. Bundesliga. Konstantin Poltrum kam 2015 an den Bodensee, studiert Mathematik und Biologie auf Lehramt an der mit der HSG kooperierenden Exzellenzuniversität Konstanz und ist der jüngste Keeper in den Top Ten der zweiten Liga.
Konsti, eine extrem bittere Niederlage in Essen. Hier war deutlich mehr drin, oder?
Ja, wir hatten durchaus eine gute Chance, die wir verpasst haben. Wir haben auch kein schlechtes Spiel gemacht. Wenn du auswärts 34 Tore machst, dann gewinnst du das Spiel normalerweise. Leider hat in der Abwehr wenig zusammengepasst und deshalb ist es sehr, sehr bitter, weil die Abwehr sonst unser Prunkstück ist. Daher war das sehr schade, wir haben eine große Möglichkeit liegen gelassen.
Als Torhüter: Wie hast Du die Abwehr gesehen und wo liegt dann die Schwierigkeit für den Keeper?
Das ist immer ein Zusammenspiel. Manchmal ist es ja so, dass der Torwart in den ersten Minuten beispielsweise drei freie Chancen wegnimmt oder Würfe hält, die er nicht unbedingt halten muss. Also Bälle, woran die Abwehrspieler sich aufbauen können. Und manchmal gelingt es der Deckung, die Angreifer in Abschlüsse zu zwingen, die für den Schlussmann relativ einfach zu halten sind und er sich Selbstvertrauen holen kann. Das war in Essen beides nicht der Fall. Es waren für Stjopa und mich keine einfachen Würfe. An einem guten Tag halte ich vielleicht trotzdem zwei, drei davon, aber als Torwart ist es schon schwer, in solch ein Spiel hineinzufinden und sich überhaupt irgendwo festzuhalten. Man hat ja bestimmte Abläufe mit der Abwehr und kann sich dann plötzlich auf nichts mehr verlassen. Man ist dann selbst etwas verunsichert, klar. Das spielt alles mit rein.
Was kann man in einem solchen auf die Angriffsreihen zugeschnittenen Spiel als Torhüter und in der Deckung überhaupt tun?
Ich glaube uns hat nicht der Wille, aber der letzte Schritt gefehlt. Wir hätten immer noch einen Schritt mehr machen können, sodass die Torhüter ein einfacheres beziehungsweise klareres Wurfbild gehabt hätten. Wir haben einfach nicht zu unserer eigenen Stärke und Stabilität gefunden. Wie gegen Rimpar in der ersten Halbzeit war es ein offener Schlagabtausch – das ist sehr, sehr schwierig für Torhüter muss man sagen, da sehr viel aufs Tor kommt, was schwer zu halten ist.
Trotzdem ist es in der zweiten Halbzeit gelungen, den Rückstand zu drehen und selbst mit zwei Toren in Führung zu gehen. Woran lag es, dass dies nicht die erhoffte Kontrolle gebracht hat?
Mitte der zweiten Halbzeit stehen wir wirklich ganz gut da, mit einer Zwei-Tore-Führung. Dann unterlaufen uns ein paar technische Fehler, die eine Mannschaft wie Essen, die darauf spezialisiert und auch darauf angewiesen ist Gegenstöße zu laufen, gnadenlos aus. Wir geraten ein bisschen ins Straucheln, kassieren einen 4:0-Lauf des Gegners vom 24:22 zum 24:26, finden nicht die besten Lösungen, der Essener Torhüter hält dann zwei wichtige Bälle und wir verlieren nochmal den Ball, und schaffen es einfach nicht, uns in der Abwehr ein wenig zu stabilisieren. Essen hat das Spiel dann, wie man so schön sagt, sehr clever verwaltet. Der TUSEM hat hier auf die klare, 100-prozentige Chance gewartet und diese gut verwertet, während wir teilweise zu schnell abgeschlossen haben und dann aufgrund einiger Fehler – sehr kräfteraubend – immer hinterhergelaufen sind.
Was bedeutet diese vermeidbare Niederlage im engen Rennen um den Klassenerhalt?
Dass wir zwei Punkte, die wir hätten holen können, nicht geholt haben. Dafür haben wir uns gegen Rimpar zwei wichtige Zähler gesichert, die wir nicht hätten holen müssen. Dementsprechend stehen wir jetzt so da wie vor zwei Wochen. Wir müssen uns nun wieder darauf konzentrieren, zu Hause eine Mauer hinzustellen und versuchen, das Spiel zu gewinnen. Das wird gegen Hamm keine einfache Aufgabe, aber wir können dort durchaus auch wieder etwas reißen. Essen hatte deutlich mehr zu verlieren als wir, deshalb ist es ärgerlich und bitter – vor allem, weil wir etwas hätten mitnehmen können und nahe dran waren. Wir haben aber nicht mehr verloren als die anderen gewonnen haben.
Ist es mittlerweile spürbar, dass schon 33 Spiele absolviert wurden und kommt die kurze Spielpause bis zum 13. Mai nun zum richtigen Zeitpunkt?
Man merkt schon, dass man über 30 Spiele in den Knochen hat und dass es für uns als das Team, das die meisten Kilometer der Liga zurücklegen muss, anstrengend für alle ist. Letzten Endes werden die verbliebenen Spiele zu einer Willensfrage und dort sehe ich uns sehr, sehr gut aufgestellt. Wir haben eine Mentalität und einen Charakter in der Mannschaft, die sehr besonders, sehr wichtig und sehr stark sind. Das macht uns auch als Team stark. Deswegen sehe ich uns für die letzten Spiele gut gerüstet. Wir wollen uns alle belohnen und den Klassenerhalt eintüten. Bis dahin warten noch harte Spiele auf uns.
Wie sammelst Du nun wieder frische Kräfte für den Endspurt, wie lädst Du Deine Akkus am spielfreien Wochenende wieder auf?
Ich werde mal wieder nach Hause zu meiner Familie fahren, das tut auch mal ganz gut, treffe alte Freunde wieder und verbringe etwas Zeit mit ihnen. Außerdem bleibt ein wenig Raum für andere Sachen, die außer dem Handball noch Spaß machen und für die sonst keine Zeit bleibt. Ich denke, wir genießen alle das freie Wochenende und gehen dann mit Vollgas die letzten Aufgaben für unser großes Ziel an.
Fragen: Andreas Joas
Quelle: PM HSG Konstanz