TV Neuhausen – HSG Konstanz 26:30 (15:11)
Die HSG Konstanz ist am Ziel aller Träume: Am vorletzten Spieltag der Saison konnte der Aufsteiger vom Bodensee mit einem 30:26 (11:15)-Sieg beim Ex-Erstligisten TV Neuhausen den vorzeitigen Klassenerhalt in der 2. Handball-Bundesliga feiern und gehört somit auch in der kommenden Spielzeit zu den besten 38 Mannschaften der Bundesrepublik. Mit nun 35 Punkten aus 37 Spielen rangieren die Gelb-Blauen auf dem 12. Tabellenplatz und feiern am Samstag, 18 Uhr, gegen Bundesliga-Absteiger Eisenach die große Saisonabschlussparty – inklusive Happy End.
Am Ende war alles wie vor etwas mehr als einem Jahr. HSG-Präsident Otto Eblen lag seinem Sohn Daniel, seit 2004 Cheftrainer der Konstanzer, minutenlang in den Armen. Beide vereint in einem vollkommenen Gefühl der Freude, der Erleichterung, der Verbundenheit im Lohn für harte Arbeit. Völlig überwältigt von dem, was um sie herum geschah. Die Spieler völlig außer Rand und Band, das Trainerteam, Betreuer, Physiotherapeuten, Helfer alle hüpften sie wild jubelnd durch die schwülwarme Hofbühlhalle in Neuhausen bei Metzingen. Goldener Konfettiregen machte sich über den zwei großen HSG-Fanblöcken breit, über 200 Fans hatten die HSG unterstützt, für Heimspiel-Atmosphäre gesorgt und verwandelten zusammen mit ihren Lieblingen erst Neuhausen, später die Schänzle-Sporthalle in eine Partyzone, in der bis zum frühen Morgen ausgelassen gefeiert wurde.
Davor stand noch einmal eine schwierige Partie bei einem Gastgeber, der im letzten Heimspiel der Saison – mit anschließender Verabschiedung von acht Spielern – hochmotiviert und richtig heiß in das schwäbisch-badische Duell startete. Zwar konnte Konstanz durch Chris Berchtenbreiter mit 3:2 in Führung gehen, doch nachdem ausgerechnet Felix Klingler – künftiger Rechtsaußen der HSG Konstanz – die Hausherren mit einem Gegenstoß in Front brachte, begann die HSG bedenklich zu wanken. Während Neuhausen sich nun zweitweise mit dem unbedingten Willen um einen versöhnlichen Saisonabschluss zeitweise in einen Rausch spielte und vor allem über den durchsetzungsstarken Kreisläufer Frederic Stüber immer wieder große Lücken in der Deckung der Gäste fand, offenbarten die Gäste große Probleme gegen die 3:2:1-Abwehrformartion der Hausherren.
Die Schwaben stellten so bald auf 12:8 (23.) und erhöhten durch Srdjan Pedragovic gar auf 20:15 (39.), auch weil Konstanz etliche Großchancen und einen Siebenmeter ausließ. Dieses Spiel, es war erneut ein Spiegelbild der ganzen Saison. Ein schlechter Start der HSG, große Probleme, sogar so groß, dass beim Stand von 24:19 15 Minuten vor dem Ende außer den HSG-Akteuren selbst mit ihrem eisernen Willen und dem Glauben an ihre eigene Stärke sowie ihren großartigen Fans, die für eine Wahnsinns-Stimmung sorgten und die kleine, enge Halle in einen Hexenkessel verwandelten, niemand mehr auf die Südbadener setzte.
Doch die Eblen-Equipe zeigte einmal mehr, was sie auszeichnet. Frenetisch von ihren Anhängern nach vorne gepeitscht, setzte sie zu einer furiosen, beeindruckenden Aufholjagd an. Nachdem TVN-Linksaußen Christian Wahl für einen Schlag ins Gesicht von Mathias Riedel mit der Roten Karte bestraft wurde, beeindruckte Konstanz mit einem 8:1-Lauf. Es kam, sah und siegte Stefan Hanemann. Der für den ebenfalls überzeugenden Konstantin Poltrum eingewechselte Junioren-Nationaltorwart kam in den letzten 20 Minuten auf neun Paraden und sensationelle 69 Prozent Abwehrquote. Dazu streute Gregor Thomann einen spektakulären Dreher zum 23:24-Anschluss ein, Matthias Stocker angelte sich einen Abpraller und vollendete mit einem herrlichen Leger. Als dann Mathias Riedel und Paul Kaletsch zum Ausgleich und der ersten Führung im zweiten Durchgang trafen, herrschte Ausnahmezustand in den HSG-Fanblöcken. Felix Klinger brachte seinen Noch-Verein ein letztes Mal auf 26:27 heran, dann sorgten die Jungs aus der größten Stadt am Bodensee mit einem weiteren 3:0-Lauf für die Entscheidung und konnten in den letzten Minuten schon feiern, ehe der bärenstarke Paul Kaletsch mit einem Kempa-Trick noch für den krönenden Abschluss sorgte.
Dann brachen endgültig alle Dämme. „Nie mehr 3. Liga“, HSG-Sprechchöre, das mittlerweile übliche „Gegen Konstanz kann man mal verlieren“ und vieles mehr hallte nun durch die Neuhäuser Nacht. „Jetzt haben wir es geschafft“, jubelte ein völlig erschöpfter und überwältigter Daniel Eblen. „Da ist alles Mögliche abgefallen und ich merke jetzt gerade, dass ich einfach saumäßig müde bin. Natürlich sind wir riesig stolz, dass wir unsere Meisterschaft und den Aufstieg bestätigt haben. Eine supertolle Sache.“ Zum verrückten Verlauf der Saison und dem Spielverlauf in Neuhausen sagte er, bevor der Jubel um ihn herum alles schluckte: „Wir sind immer dann zurückgekommen, wenn keiner mehr mit uns gerechnet hat. Wie jetzt im Saisonfinish, wo wir fünf Punkte am Stück holen. Dieser Klassenerhalt ist mit das Größte, was ich erleben durfte. Unsere Fans, der Wahnsinn. Wir kommen ran und auf einmal vibriert die Halle, das haben die Jungs gespürt.“ Seit 2004 steht er auf der Kommandobrücke bei der HSG, aber dieser Abend war ganz speziell, ganz besonders, ganz groß.
Sein Vater, der HSG-Präsident und -Macher Otto Eblen war den Tränen nahe und ließ seinen Emotionen freien Lauf, wurde von einem Fan und Spieler nach dem anderen geherzt und gefeiert. Stolz konnte er es selbst kaum fassen: „Das ist etwas ganz Großartiges für uns, die Stadt und die ganze Region. Wir haben mit Ausnahme von Lübbecke gegen alle Topteams gewonnen.“ Mit einem Lächeln ergänzte er: „Ich bin stolz auf mich, dass ich nicht einmal vor die Mannschaft treten und sagen musste, wir müssen dies oder das besser oder anders machen – wir sind immer wieder von alleine aufgestanden.“ Auch er zeigte sich begeistert und beeindruckt von der Fan-Unterstützung in der ganzen Saison, egal ob in der „Schänzle-Hölle“ oder auswärts. „Es gab kaum eine solche Unterstützung wie heute von Konstanz, da sind war absolute Spitze.“ Sein Sportlicher Leiter Andre Melchert lobte den Einsatz der Mannschaft, die „100 Prozent wollte. Weltklasse, was die die ganze Saison gespielt und gekämpft hat. In vielen Spielen wie ein taumelnder Boxer, aber einfach nicht umgefallen und am Ende den Sieg geholt. Das macht sie aus. Weltklasse für unseren Verein, der so viel stemmen muss.“ Damit waren etwa über 20000 Reisekilometer angesprochen, die die HSG nun hinter sich hat. An diesem Abend alles völlig egal. Es war alles wie vor einem Jahr. Konstanz im völligen Ausnahmezustand.
TV Neuhausen – HSG Konstanz 26:30 (15:11)
TV Neuhausen: Rebmann, Becker (Tor); Stüber (7), Wahl (3), Schoch (4), Klingler (5/3), Keupp, Toom (1), J. Reusch (1), Predragovic (5), Bornemann.
Trainer: Alexander Job
HSG Konstanz: Konstantin Poltrum, Stefan Hanemann (Tor); Fabian Schlaich (2), Benjamin Schweda, Gregor Thomann (6/2), Mathias Riedel (5), Simon Flockerzie, Matthias Stocker (2), Michael Oehler, Paul Kaletsch (8/1), Felix Gäßler, Tim Jud (2), Chris Berchtenbreiter (5).
Trainer: Daniel Eblen
Zuschauer: 892.
Schiedsrichter: König/Siebert
Quelle: PM HSG Konstanz