Die MT Melsungen stoppt nach vier Niederlagen in Folge die Negativserie mit einem Last-Second-Sieg in Hannover. Mit einem schnell ausgeführten Freiwurf in der Schlusssekunde sicherte Marino Maric den Nordhessen am 15. Spieltag der DKB Handball-Bundesliga beide Punkte im Auswärtsspiel bei der TSV Hannover-Burgdorf. Die hatten das Spiel 56 Minuten lang dominiert und bis dahin stets mit ein bis drei Toren vorne gelegen. Beim 28:29 durch Timm Schneider war das Roth-Team zum ersten Mal überhaupt in dieser Partie in Führung gegangen. Beste Torschützen vor 3.852 Zuschauern in der Swiss Life Hall waren für die Hausherren Kai Häfner (11) und für die Gäste Johannes Sellin (8/6).
Die MT geriet gegen die vom Start weg hellwachen Burgdorfer schnell ins Hintertreffen. Bereits nach 68 Sekunden führten die Hausherren mit 2:0 nach Toren von Kai Häfner und Mait Patrail. Dazwischen hatte Momir Rnic eine Torgelegenheit ausgelassen vergeben. Der Serbe spielte von Beginn an im Angriff für Philipp Müller, der sich kurzfristig krankgemeldet hatte. Den Part in der Abwehr übernahm für Rnic Marino Maric.
In der dritten Spielminute platzte dann auch bei den Nordhessen der Knoten, als Johannes Sellin TSV-Keeper Martin Ziemer zum 2:1-Anschluss überwand. Der Rechtsaussen war es auch, der in der 5. Minute per Siebenmeter den erneuten Anschluss zum 3:2 erstellte. Die Gastgeber ließen sich davon jedoch nicht beeindrucken. Sie kombinierten im Angriff weiterhin munter drauflos und gaben damit der MT-Defensive ein ums andere Mal Rätsel auf. Mit einem 3:0-Lauf hatten sich die Recken bis zur 7. Minute einen 6:2-Vorsprung herausgespielt, bis zur 10. sogar ein 10:5. Den Nordhessen blieb weiterhin nur die Verfolgerrolle.
Öfter Zugriff in der Abwehr bekamen die Rotweissen dann nach etwa eine Viertelstunde. Michael Roth hatte auf 5:1 mit Marin Maric auf der Spitze umgestellt und damit den Hausherren etwas den Schwung im Rückraum genommen. Das schien umgekehrt auch der eigenen Offensive gut zu tun. Zwischenzeitlicher Lohn der hartnäckigen Verfolgungsarbeit war das 12:10 durch Marino Maric nach mustergültigem Anspiel von Michael Müller in der 19. Minute. Fortan blieb das Roth-Team den Recken, die nun zusehends hektischer agierten, auf den Fersen.
Näher als diese zwei, drei Tore kam die im MT bis zur Pause allerdings nicht heran. Denn der eigenen Ausbeute standen immer wieder auch wechselnde Torerfolg der Hausherren entgegen. Wie gut nur aus Sicht der Gäste, dass inzwischen auch Johann Sjöstrand den ein oder anderen Ball parieren konnte. Zweimal sogar spektakulär, als Rechtsaussen Johannsen oder auch der Halbrechte Karason frei vor dem MT-Keeper auftauchten.
Schrecksekunde bei den Nordhessen dann 5 Minuten vor dem Halbzeitpfiff, als Timm Schneider verletzt am Boden blieb. Bis dahin hatte er einen engagierten Part als Spielmacher geliefert, aber dann bekam er in einer Abwehrsituation unglücklich im Fallen einen Tritt an den Kopf. Bis zur Pause wurde er von Patrik Fahlgren vertreten. Beim 18:15 gings in die Kabinen.
Schon mit dem Wiederanpfiff hatte man den Eindruck, als wolle die MT den Spieß nun umdrehen. Schnell stellten Felix Danner und Nenad Vuckovic den Anschluss zum 18:17 her. Und der Kreisläufer blieb noch weiter am Drücker, markierte auch das 19:18 und das 20:19. Auf der anderen Seite drehte indes Kai Häfner mehr und mehr auf. Der Europameister war von der Abwehr der Rotweissen einfach nicht in den Griff zu bekommen.
Wie hartnäckig die MT an den Recken dran blieb, zeigten stellvertretend die Szenen, die zum ersten Ausgleich für die Gäste führten. Nachdem Sjöstrand glänzend gegen TSV-Regisseur Olsen pariert hatte, holte Timm Schneider einen Strafwurf heraus, den Johannes Sellin zum 21:20-Anschluss verwandelte. Kurz darauf handelte sich Schneider eine Zeitstrafe ein. In Überzahl vergab dann der ansonsten treffsichere Lars Lehnhoff völlig frei von Linksaussen. Woraufhin die Nordhessen ihre Unterzahl kompensierten, indem sie statt des Torhüters einen weiteren Feldspieler aufboten. Und prompt erzielte Nenad Vuckovic den ersten Ausgleich für seine Farben (21:21, 40. Min.).
Dass das Spiel insgesamt von den Angriffsreihen dominiert wurde, zeigten deutlich die restlichen 20 Minuten des Spiels, in denen sage und schreibe noch fast 20 weitere Treffer fallen sollten. Dabei erwies sich die Taktik der MT als äußerst nutzbringend, mit Übergängen aus dem Rückraum die Abwehr der Recken zu hinterlaufen. Dafür auserkoren war Allrounder Timm Schneider, der sich dann jeweils als zweiter Kreisläufer zu Marino Maric oder später auch zu Johannes Golla gesellte.
Dadurch ergaben sich Lücken auf verschiedenen Positionen. Mal hatte Allendorf auf Linksaussen freie Bahn, mal Patrik Fahlgren in der Mitte oder es kam eben einer der Kreisläufer zum Wurf. Und wenn nicht, gab es zumindest Siebenmeter, die jeweils von Sellin zuverlässig verwandelt wurden.
Kurz nach dem 28:28-Ausgleich durch Fahlgren (55.) nahm die TSV eine Auszeit. Doch Trainer Jens Bürkle hatte damit nicht den erwünschten Erfolg. Denn gleich nach Wiederaufnahme der Partie fand Olsen in Sjöstrand seinen Meister und im Gegenzug wurde schulbuchmäßig Timm Schneider auf der ungewohnten Linksaussen Position freigespielt. Und auch hier machte der Allrounder seinem Ruf alle Ehre, hämmerte das Spielgerät aus eigentlich schlechtem Winkel zur ersten Führung der MT in die Maschen des im gesamten zweiten Durchgang von Malte Semisch gehüteten Gehäuses (28:29, 56.).
Die letzten vier Minuten waren angebrochen und die sollten allen Beteiligten noch einen echter Nervenkitzel garantieren. Aber vor allem der MT das Gefühl geben: Hier geht was! Nach einem stürmerfoulverdächtigen Aktion und dem daraus resultierenden 29:29-Ausgleich durch Kai Häfner, nahm auch Michael Roth ein Timeout. Aus dem meldet sich die MT mit einem frechen Schlagwurftor von Patrik Fahlgren zurück. Die Antwort des TSV folgte auf dem Fuße, Erik Schmidt markierte vom Kreis das 30:30 (58.).
Dann zwei Aktionen, die das Nervenspiel deutlich machten: Erst scheitert Timm Schneider völlig freistehend am Kreis an Malte Semisch, im Gegenangriff drischt Fabian Böhm das Leder einen halben Meter über das MT-Tor. Die Uhr zeigt nun noch etwa eine halbe Minute Spielzeit an und der letzte Angriff des auf des Messers Schneide stehenden Match gehört den Nordhessen. Die wollen die Zeit natürlich runterspielen, um bestenfalls kurz vor Schluss noch einen Wurf anzubringen. Dazu kommt es zunächst nicht, weil die Referees der MT nach TSV-Attacke einen Freiwurf zusprechen. Die Reckenabwehr will sich gerade formieren, als Marino Maric blitzschnell schaltet und das Durcheinander zu einem direkten Wurf nutzt: Der Ball ist drin, die Uhr ist abgelaufen und der glückliche Sieger heißt MT Melsungen.
MT-Trainer Michael Roth:
Wir sind nicht gut in das Spiel hinein gekommen, haben lange Zeit nur reagieren können, statt zu agieren. Insofern war es durchaus eine Parallele zum letzten Spiel in Berlin. Dabei hatten wir schon in der Abschlussbesprechung das Motto ausgegeben: "Gemeinsam dran bleiben!", wobei die Betonung auf "gemeinsam" lag. Das habe ich der Mannschaft auch in der Halbzeit und jeweils in den Timeouts bewusst gemacht. Die Burgdorfer haben losgelegt wie die Feuerwehr, haben im ersten Durchgang gespielt wie aus einem Guss. Aber wir waren davon überzeugt, dass sie dieses Niveau nicht über die gesamten 60 Minuten werden halten können, und dass unsere Chance noch kommen würde. Eben wenn wir nur lange genug dran bleiben. Und so kam es dann ja auch. Ein weiterer entscheidender Faktor war, die taktische Maßnahme mit den Übergängen vom Rückraum zum Kreis. Sicherlich war der Sieg am Ende etwas glücklich, aber ich denke, aufgrund unserer Beharrlichkeit nicht ganz unverdient. Den gleichen Einsatz haben wir ja auch schon in Berlin gezeigt, wo er bekanntlich leider nicht belohnt wurde. Heute nun hat es geklappt.
MT-Vorstand Axel Geerken:
Mitentscheidend war sicherlich, dass wir den Rückstand aus der ersten Halbzeit schon gleich zu Beginn der zweiten Hälfte durch zwei schnelle Tore fast wettgemacht hatten. Dieses Herankommen dürfte auch den Gegner etwas verunsichert haben. Die letzten Minuten gerieten dann zur Nervenschlacht zweier Mannschaften, die gleichauf lagen und wo beide die Chance hatten, das Spiel für sich zu entscheiden. Wir hatten dann das glücklichere Ende für uns, was angesichts der gezeigten tollen Moral nicht unverdient war.
Statistik
TSV Hannover-Burgdorf – MT Melsungen 30:31 (18:15)
TSV: Ziemer, Semisch – Johannsen (1), Mortensen (1), Patrail (2), Hykkerud (1), Lehnhoff (1/1), Häfner (11), Böhm (4), Karason, Schmidt (3), Olsen (5), Christophersen, Kastening (1).
MT: Sjöstrand, Villadsen – Maric (3), Sellin (8/6), Golla, Fahlgren (4), Danner (3), Rnic (2), Schneider (4), Allendorf (3), Vuckovic (2), Jaanimaa, M. Müller (2) Haenen.
Schiedsrichter: Christian Moles (Heddesheim) / Lutz Pittner (Karlsruhe).
Siebenmeter: 1/1 – 7/6 (Sellin scheitert an Semisch, 14. Min.).
Zeitstrafen: 6 – 6 Minuten (2x Böhm, Christophersen – Danner, Schneider, Allendorf).
Zuschauer: 3.852, Swiss Life Hall, Hannover.
Die nächsten Spiele:
Mi., 14.12.2016, 19.00 Uhr: SG Flensburg/Handewitt (DHB-Pokal)
Sa., 17.12.2016, 19.00 Uhr: MT Melsungen – Bergischer HC
Quelle: PM MT Melsungen