„Du musst einfach lernen, dass du nicht jeden Ball halten kannst.“
(gek) „Ich verspüre einen unheimlichen Rückhalt, und dass die Schulleitung mein Engagement bei den Eulen mit einem guten Gefühl ermöglicht hat, ist ganz große Klasse“, hebt Mathias Lenz heraus, einhergehend mit einem großen Maß an Zufriedenheit und Dankbarkeit. Mitte Februar stieß der Torwart, der aufgrund der Verletzungen, die sich die beiden etatmäßigen Keeper Kevin Klier und Roko Peribonio zugezogen hatten, zur TSG und kam in den folgenden Wochen immer besser in Fahrt. Mathias Lenz unterrichtet am Mannheimer Ludwig-Frank-Gymnasium Gemeinschaftskunde, Geographie und Sport und leitet an dieser Eliteschule des Sports eine Handball-AG. Und dass mittlerweile immer wieder Schüler und Kollegen in die Friedrich-Ebert-Halle kommen, um ihn spielen zu sehen, ist eine schöne Sache. Wer kann das schon tun, den eigenen Lehrer und Kollegen in einer Bundesligamannschaft quasi vor der Haustür unter die Lupe zu nehmen?
„Matze ist für uns ein Glücksgriff, es war in den Gesprächen früh zu spüren, dass der Junge will“, ist Carsten Hoffmann, der Sportliche Leiter, auch vier Monate später noch froh über die Verpflichtung des Keepers und begründet das auch: „Relativ schnell fand Matze zu alter Leistungsstärke und hat einen großen Anteil am aktuellen Tabellenstand der TSG. Er ist ein offener, angenehmer und umgänglicher Typ und ist vom Nothelfer zum Leistungsträger geworden. Wir sind sehr zufrieden, dass wir das das gemacht haben.“ Eine klassische Win-win-Situation.
Mathias, der im Januar 1985 in Heppenheim an der Bergstraße geboren und in Laudenbach aufgewachsen ist, begann auch dort seine sportlichen Aktivitäten. Die waren keinesfalls nur auf den Handball beschränkt. „Als Kind durfte ich alles ausprobieren, wozu ich Lust hatte“, sagt Mathias und listet auf: „Das war neben der Leichtathletik vor allem Tennis, aber auch Fußball, Basketball, Inlineskating und Skifahren kamen nicht zu kurz. Ich war, was die sportlichen Aktivitäten betraf, breit aufgestellt und dafür bin ich sehr dankbar.“
Seine Affinität zum Handball lässt sich leicht erklären, da sein Vater eine erfolgreiche Handballkarriere hingelegt hat. Hermann Lenz spielte in der Feldhandball-Bundesliga für den TSV Birkenau und in der Halle für den VfL Heppenheim und den TSV Rintheim. „Als Knirps bin ich oft nach den Spielen durch die Dusche gerannt“, erinnert sich Mathias. In der D-Jugend wechselte „Matze“, der bis dahin auch auf der Mitte gespielt hatte und nicht nur ausschließlich zwischen den Pfosten stand, zum TV Hemsbach und blieb dort bis zur C-Jugend. Danach trug Mathias das Trikot der SG Leutershausen. Die Entscheidung zwischen Tennis und Handball fiel, als Mathias Berufungen in die Badische Auswahl erhalten hatte. „Das hat mir sehr viel Spaß gemacht, mir gefielen das Miteinander und die Prozesse, die innerhalb einer Mannschaft ablaufen, das ist ja immer wieder spannend“, meint der frühere Jugend- und Juniorennationalspieler.
Bei der SG Leutershausen, wo Stephan Pfeiffer eine Art Ziehvater für ihn war, erlebte der heute 32-Jährige eine erste Riesenenttäuschung, als die Bergsträßer 2006 aufgrund finanzieller Probleme Insolvenz anmeldeten. Seine nächste Station war die HG Oftersheim/Schwetzingen, weitere Klubs, für die Mathias auflief, waren die SG BBM Bietigheim, HSG Düsseldorf, DHC Rheinland, ART Düsseldorf, TV Großwallstadt und DHfK Leipzig. Und beim ehemaligen Erstligisten Wallau-Massenheim hatte das damalige Torwarttalent ein Zweitspielrecht.
Wie hat sich das Handballspiel für ihn als Torwart in den letzten eineinhalb Jahrzehnten verändert? Mathias Lenz: „Das Spiel selbst ist viel athletischer, schneller, intensiver und durch gewisse Regeländerungen noch anstrengender geworden. Heute werden viel mehr Angriffe und Konter gefahren, das fordert Dich als Torwart unheimlich, da musst du mental fit sein. Mit wachsender Erfahrung kommen Stresssituationen nicht mehr so ran an dich. Du musst einfach lernen, dass du nicht jeden Ball halten kannst. Seit dieser Saison hast du als Torwart immer wieder mal die Möglichkeit, wenn der Gegner einen zusätzlichen Feldspieler gebracht hat, selbst Tore zu erzielen.“
Mathias ist Musikfan und spielt neben Schlagzeug vor allem Gitarre, die er in einer Kabine indes noch nicht zum Einsatz gebracht hat. Von seinem Großvater hat er sein Interesse für den Weinbau geerbt, „Matze“ besitzt selbst Weinberge, betont aber: „Das ist nichts Kommerzielles.“ Und hebt heraus: „Es ist schon etwas Feines, wenn man den eigenen Wein trinken kann.“ In seiner Bietigheimer Zeit entdeckte der Torwart sein Faible für das Kochen und besonders für das Grillen und ist mittlerweile Fan einer ausgewogenen Ernährung geworden. Und nach seiner Karriere will er sich vermehrt dem widmen, was ihm während seiner Karriere verwehrt geblieben ist – das Entdecken anderer Kontinente, Länder und Städte. „Ich habe noch nie drei Wochen Urlaub am Stück gehabt.“ Das wird eines Tages anders werden, aber bis dahin darf der Keeper im Gehäuse der TSG noch gerne möglichst viele gegnerische Würfe wegnehmen und von den Rängen dafür einen tosenden Beifall einheimsen.
Quelle: PM TSG Ludwigshafen-Friesenheim