Zwölfmal war Rechtsaußen Gregor Thomann beim 34:33 (18:17)-Heimsieg der HSG Konstanz gegen den Wilhelmshavener HV erfolgreich und damit bester Torschütze der Partie. Mit dem letzten Siebenmeter – seinem dritten gegen die Gäste von der Nordsee – stellte er ganz starke Nerven unter Beweis und den eminent wichtigen Erfolg mit dem letzten Treffer des hochintensiven Thrillers sicher.
Im Gespräch mit HSG-Pressesprecher Andreas Joas erklärt der mit nun 170 Saisontoren fünftbeste Zweitliga-Torschütze und 75 verwandelten Strafwürfen drittbeste Siebenmeterschütze der Liga – bei 77 Prozent Wurfeffektivität – was einem Spieler bei einem Strafwurf in dieser Situation durch den Kopf geht, wie man die Nerven behält, die Bedeutung der zwei Punkte gegen einen direkten Konkurrenten und was ihn zuversichtlich für die letzten Spiele stimmt.
Gregor, wie viele Jahre altert man bei solch einem dramatischen Spiel?
Wir hätten uns das natürlich anders gewünscht, aber wir wissen, wie das in der 2. Bundesliga ist. Da werden wir wenige einfache Spiele bekommen. Am Schluss ist es auch vollkommen egal, wie es passiert ist, dass wir so viele Gegentore bekommen haben, nicht gut in der Abwehr gestanden sind und nicht alles geklappt hat. Völlig egal, wir haben die zwei Punkte und die sind wichtig.
In dieser dramatischen Schlussphase, was geht einem da durch den Kopf? Man geht in Führung, doch gefühlte zehn Sekunden später klingelt es schon wieder im eigenen Kasten und es geht alles von vorne los. Man weiß ja genau, jetzt ein Fehler und es könnte der entscheidende sein.
Ja, das weiß man schon. Aber im Prinzip ging es heute so schnell, du spulst hier nur noch alles ab. Man geht vor, es passiert eben wieder und es knallt, hinten das gleiche. Heute war glücklicherweise nicht so viel Zeit zum Überlegen. Wir haben vorne einen reingeduselt und hinten genauso blöd wieder einen bekommen.
In einem Spiel, in dem es um so viel geht: Hast Du hier mit einem so hohen Ergebnis und so vielen Toren gerechnet? Eigentlich eher untypisch…
Ich habe damit überhaupt nicht gerechnet. Ich dachte, wir halten das Ergebnis wieder sehr klein, dass wir gut decken. Ich habe das allerdings noch gar nicht analysiert und will es auch gar nicht machen, denn wir haben zwei Punkte und nur das zählt jetzt am Ende. Da spielt das Ergebnis keine Rolle. Wir müssen uns nun darauf konzentrieren, dass wir dies in Aue auswärts auch wieder einmal schaffen. Allerdings ist uns bewusst, dass das gerade jetzt, wo jeder dringend Punkte benötigt, extrem schwer wird.
Wie wichtig war also der Sieg vor eigenem Publikum, dass auch mal gegen einen direkten Konkurrenten gewonnen werden konnte?
Das tut schon gut und ist einfach wichtig für die Moral und das Selbstvertrauen. Es war jetzt nicht so, dass wir nicht wussten, dass wir dies können, aber es war schon eine blöde Situation und man hat gemerkt, dass sich der Druck etwas erhöht. Daher war es gut und wichtig, dass wir gewonnen haben. Aber wir haben noch so viele Punktspiele, deswegen darf man einzelne Spiele auch nicht überbewerten. Es bleibt nach wie vor alles unglaublich dicht beisammen. Das wird noch mega hart.
Du selbst hast mit 100-prozentiger Siebenmeterquote 40 Sekunden vor dem Ende gegen Vizeweltmeister Adam Weiner ganz starke Nerven bewiesen und den Sieg sichergestellt. Dafür braucht man schon ein wenig Mut. Entweder man ist der Held, der den Sieg bringt oder der Depp, dem der möglichweise alles entscheidende Fehlwurf unterläuft.
Ich würde lügen – und ich glaube es den Leuten auch nie, wenn sie sagen, dass sie gar nicht daran denken und nur im Tunnel sind – wenn mir das nicht kurz durch den Kopf gehen würde. Das ist doch normal und menschlich. Natürlich kann man den auch verwerfen, aber es ist wichtig, sich zu fokussieren und zu wissen, dass man es gut kann. Dann muss man schauen, was der Torhüter macht. Deswegen: in dem Moment, wo ich dann werfe, denke ich natürlich nicht daran, davor aber sehr wohl. Man weiß, dass der wichtig ist und es ist sicher ein Unterschied, ob man in der siebten Minute oder in der allerletzten zum Duell mit dem Torwart antritt.
Wie behält man dann die Nerven?
Man muss sich immer bewusst machen, dass es auch passieren kann, dass er daneben geht – so ist das Leben. Mal geht er rein und mal nicht. Aber ich weiß, dass ich die Siebenmeter in diesem Spiel gut geworfen habe und sie in der ganzen Saison gut geworfen habe. So habe ich mir nichts vorzuwerfen, wenn ich die Verantwortung übernehme und alles in diesen Wurf hineinlege. Er ist reingegangen – voll geil!
Es war einfach schön zu sehen, wie sowohl auf dem Spielfeld als auch auf der Tribüne ein fantastischer Zusammenhalt herrschte – und dann erst zusammen, Fans und Mannschaft gemeinsam, gerade in dieser schweren Situation.
Wirklich geil! Ich finde es super, wie Handball in Konstanz angenommen wird und finde das Projekt klasse. Es hätten in Konstanz einfach alle verdient, weiter 2. Bundesliga zu spielen. Dafür stehen wir jeden Tag in der Halle und es ist schön zu sehen, dass das die Fans so zahlreich kommen, das annehmen und ihren Teil dazu beitragen. Ich hoffe, dass wir zusammen den Klassenerhalt schaffen.
Stimmt das zuversichtlich für die letzten Spiele?
Auf jeden Fall! Wir haben eine gute Ausgangslage und ein gutes Restprogramm, aber wir wissen, dass es jede Woche in jede Richtung kippen kann. Es wird immer schwerer auswärts zu gewinnen, deshalb müssen wir unsere Heimspiele gut gestalten. Trotzdem müssen wir versuchen, auch in der Fremde noch etwas zu holen. Jede Mannschaft sagt, dass sie an den Klassenerhalt glaubt, deshalb spare ich mir diese Floskeln. So krass, was diese Zweite Liga hergibt, so starke Mannschaften unten drin. Wir sind Aufsteiger und mischen da gut mit, das macht uns Spaß und dafür kämpfen wir in jedem Spiel.
Fragen: Andreas Joas
Quelle: PM HSG Konstanz