Der THW Kiel hat am Dienstagabend seine Tabellenführung in der TOYOTA Handball-Bundesliga ausgebaut. Beim SC Magdeburg in der gut gefüllten Bördelandhalle taten sich die "Zebras" gegen starke Gastgeber allerdings schwer und konnten die zwei Zähler erst in einer dramatischen Schlussphase einsammeln. Am Ende siegten die Kieler mit 30:29 (15:14), Filip Jicha war bester Torschütze mit sieben Treffern.
Alfred Gislason warnte im Vorfeld der Partie bei seinem ehemaligen Verein, dass der SC Magdeburg eine "harte Nuss" sei, doch zunächst war davon nichts zu sehen: Der THW begann stark und führte nach zwei Magdeburger Fehlpässen durch Tore von Andersson, Ahlm und Sprenger nach gerade einmal zwei gespielten Minuten schon mit 3:0. SCM-Keeper Biegler nahm bereits jetzt seine Auszeit, damit seine Mannschaft sich sammeln konnte.
Zunächst schien diese frühe Unterbrechung auch Früchte zu tragen, Jurecki und Wiegert verkürzten, während Andersson nur die Latte traf. Doch danach spielten wieder nur die "Zebras", die mit Narcisse auf der Mitte, Andersson und Jicha auf den Halbpositionen, Lundström und Sprenger als Flügelzange sowie mit Ahlm am Kreis und Omeyer im Tor begannen. Narcisse mit zwei starken Treffern und einem Anspiel auf den konzentriert an alter Wirkungsstätte zu Werke gehenden Sprenger sorgte fast im Alleingang für das 6:2 der Kieler, zudem erwischte auch Omeyer mit Paraden gegen van Olphen und Coßbau vom Siebenmeterpunkt einen guten Start.
Noch bis zur 12. Spielminute, als Narcisse Marcus Ahlm zum 8:4 bediente, hatten die Kieler die Partie in der Hand. Doch so langsam kämpften sich die Gastgeber ins Spiel, gingen in der Abwehr nun aggressiver zu Werke und profitierten von einem starken Andreas Rojewski im rechten Rückraum. Allerdings wirkten die "Zebras" im Angriff auch sehr ideenlos und verrannten sich immer mehr in Einzelaktionen. Der zuletzt bärenstarke Momir Ilic kam gegen die Magdeburger Deckung gar nicht zum Zug und setzte sich nach vier Fehlwürfen schnell wieder auf die Bank zurück. Magdeburg verkürzte und kam in der 16. Spielminute durch einen Gegenstoß von Grafenhorst zum 8:9 erstmals bis auf ein Tor heran. Doch noch hatte der THW in Person von Filip Jicha die passende Antwort parat - der Tscheche konterte postwendend zum 10:8 und nach dem erneuten Anschluss durch Rojewski auch zum 11:9. Als Christian Sprenger ein Steal gelang, hatte Lundström sogar wieder die Chance, die Führung per Gegenstoß auf drei Treffer auszubauen, doch der schwedische Linksaußen knallte den Ball gegen den bislang blassen Gerrie Eijlers an die Latte.
Spätestens jetzt glaubte die Mannschaft von Michael Biegler an ihre Chance, und auch die Fans in der Bördelandhalle wurden lauter. Der wiedergenesene Damien Kabengele kam nun ins Spiel, verlieh der Magdeburger Abwehr noch mehr Aggressivität und traf selbst zum 10:11. Nun nahm Alfred Gislason seine Auszeit, doch auch diese Maßnahme half den Kielern nicht. Bennet Wiegert gelang der erste Ausgleich, und nachdem SCM-Torhüter Gerrie Eijlers einen Andersson-Wurf parierte, war sogar die Chance zur ersten Magdeburger Führung gegeben. Doch der schwedische Linkshänder machte seinen Fehler wieder gut, erkämpfte sich den Ball in der Abwehr und schickte Sprenger auf die Reise zum Kieler 12:11. Der ehemalige Magdeburger legte sogar noch zum 13:11 nach, Sicherheit gab dies seiner Mannschaft aber immer noch nicht. Mittlerweile war Gerrie Eijlers im Spiel angekommen, parierte stark gegen Ilic und Sprenger und ebnete so den Weg zum erneuten Magdeburger Ausgleich durch zwei weitere Rojewski-Treffer. Immerhin gelang Lundström mit einem artistischen Dreher noch die Führung vor dem Seitenwechsel, doch längst war klar, dass sich die beiden Teams an diesem Abend auf Augenhöhe gegenübertraten und dies ein Kampf bis in die Schlussminuten werden würde.
Magdeburg startete nach Wiederanpfiff diesmal von Beginn an konzentriert in die Partie, glich nicht nur im ersten Angriff durch Grafenhorst zum 15:15 aus, sondern hatte auch auf Treffer von Andersson und Jicha durch Jurecki und Rojewski immer eine passende Antwort parat. Nachdem aber Lundström erneut unglücklich das Torgestänge testete und Eijlers einen Jicha-Wurf parierte, war es Robert Weber, der in der 38. Spielminute die Gastgeber beim 19:18 erstmals in Führung warf. Die Kieler wankten, blieben durch Andersson aber zunächst im Spiel. Als van Olphen den SCM erneut in Führung warf, bekam erst der aggressive Bennet Wiegert eine Zeitstrafe, vierzehn Sekunden später gesellte sich auch Weber hinzu, nachdem er Ahlm bei dessen Treffer zum 20:20-Ausgleich noch foulte. Der THW hatte nun also fast zwei Minuten in doppelter Überzahl Zeit, um wieder für klarere Verhältnisse zu sorgen.
Doch Magdeburg hatte längst Blut geleckt und hatte nicht nur in dieser Situation das Glück, dass die Unparteiischen Fleisch/Rieber der Mannschaft viel Zeit bei ihren Angriffsbemühungen gab. So rannte die Zeit gnadenlos herunter, letztlich landete der Wurf von van Olphen sogar zum 21:20 für die Gastgeber in den Maschen. Gislason beorderte nun Peter Gentzel ins Tor, der 41-Jährige hielt gleich die ersten beiden Würfe von Rojewski und Tönnesen und ermöglichte damit die erneute Kieler Führung durch Treffer von Klein und Narcisse. Der SCM aber blieb dran, der überragende Rojewski und van Olphen hielten die Mannschaft im Spiel. Als Narcisse und Tönnesen das Ergebnis auf 25:25 schraubten, waren nur noch sieben Minuten zu spielen. Nun verlor Kim Andersson den Ball im Angriff und Kabengele brachte den SCM wieder in Front. Nachdem Christian Zeitz' Wurf geblockt wurde, hatte der Gastgeber gar die Chance, erstmals mit zwei Toren davonzuziehen. Doch die Kieler kämpften nun auch verbissen in der Abwehr: Filip Jicha kam so per Gegenstoß zum 26:26-Ausgleich, nachdem ein Rojewski-Wurf geblockt wurde. Theuerkauf und Ahlm trafen anschließend zum 27:27, nun waren keine fünf Minuten mehr zu spielen.
Alfred Gislason versuchte es nun mit einer mannbezogenen 5:1-Deckung mit erst Dominik Klein und später Christian Sprenger an der Spitze, um Spielmacher Stian Tönnesen aus der Partie zu nehmen. Zunächst aber ließ sich der SCM davon nicht irritieren und erzielte durch Grafenhorst das 28:27. Wichtig für den THW, dass sich Marcus Ahlm im folgenden Angriff den Abpraller nach einer Eijlers-Parade gegen Andersson sicherte und Filip Jicha anschließend mit seinem sechsten Treffer den Spielstand egalisierte. Im nächsten Angriff unterlief Robert Weber ein Abspielfehler und erneut war es Filip Jicha, der für den THW traf - die Kieler führten nun mit 29:28. Magdeburg reagierte aber abgeklärt: Rojewski spielte mustergültig mit einem Bodenpass Theuerkauf an, der Kreisläufer aber wurde gefoult und bekam einen Siebenmeter zugesprochen. Der bislang neunmal erfolgreiche Rojewski trat 80 Sekunden vor dem Schlusspfiff erneut zum Strafwurf gegen den kurz zuvor ins Tor zurückgekehrten Thierry Omeyer an - doch diesmal blieb der Welthandballer Sieger, er lenkte den Ball an die Latte. Die "Zebras" versuchten nun die Zeit herunterzuspielen, die Schiedsrichter hoben aber bereits nach 25 Sekunden den Arm. Bei drohendem Zeitspiel nahm sich einmal mehr Kim Andersson ein Herz - und entschied mit seinem Treffer zum 30:28 die Partie. Als Magdeburg durch einen Siebenmeter von Tönnesen verkürzte, war es bereits zu spät, denn fünf Sekunden später war Schluss.
Die Kieler sind somit noch einmal mit einem blauen Auge aus Magdeburg davongekommen und haben keinen zweiten Punkt auf dem Weg zur Meisterschaft liegenlassen. In den folgenden Tagen warten allerdings zwei weitere schwere Auswärtsspiele auf den THW: Am Samstag ist man beim dänischen Spitzenclub KIF Kolding in der Champions League zu Gast, am kommenden Dienstag geht es in die Bundeshauptstadt zu den Berliner Füchsen.
Stimmen zum Spiel:
THW-Kapitän Marcus Ahlm gegenüber dem DSF: Für viele Mannschaften wird es nach der Nationalmannschaftspause schwer sein, so war es heute auch für uns. Aber wir haben gut gekämpft. Dass das ein heißes Spiel wird, hatten wir erwartet.
SCM-Kapitän Fabian van Olphen gegenüber dem DSF: Wir können stolz auf uns sein, aber wir stehen trotzdem jetzt mit leeren Händen da. Eine Punkteteilung wäre gerecht gewesen, zwei Punkte für den THW sind es nicht. Wir haben gut trainiert die letzten Tage, das schlägt sich natürlich auch im Spiel nieder. Es war ein schöner Abend für alle, aber leider mit bitterem Nachgeschmack.
THW-Linksaußen Dominik Klein gegenüber dem DSF: Wir hatten das erwartet. Wir wissen, was in dieser hitzigen Atmosphäre passieren kann, aber am Ende konnten wir unseren Kopf aus der Schlinge ziehen. Wenn ich ehrlich bin: Ich habe nie daran gezweifelt, dass wir hier noch gewinnen. Der SCM hat uns mit seiner Aggressivität ins Straucheln gebracht. Ein glücklicher Sieg.
[Frage: Wenn sie verloren hätten, wäre der HSV schon weg gewesen...?]
Was der HSV macht, interessiert uns absolut nicht. Wir geben Vollgas in jedem Spiel, wollen jedes gewinnen.
Quelle: www.toyota-handball-bundesliga.de