Beim 27:25 (13-11)-Erfolg vor 2.596 Zuschauern in der Kasseler Rothenbach-Halle gegen Tabellenschlusslicht TUSEM Essen hätte die MT Melsungen in den letzten Minuten einen bereits sicher geglaubten Sieg fast noch aus den Händen gegeben. Neun Minuten vor dem Ende führten die Gastgeber, vor allem dank einer famosen Leistung von Torhüter Mikael Appelgren vor der Pause, sowie dem nach dem Wechsel immer stärker aufspielenden Patrik Fahlgren mit 25:20. Dann mobilisierten die Westdeutschen die letzten Kräfte und kamen fast noch zu einem Punktgewinn. Zwei Paraden von Per Sandström in den letzten 120 Sekunden, sowie der Treffer von Savas Karipidis zum Endstand sicherten die zwei Punkte. Michael Allendorf erzielte wie Fahlgren sieben Tore für die MT, Ole Rahmel traf neunmal für die Gäste, die mit dieser Niederlage endgültig für die zweite Liga planen können. Die MT indes hat sich mit diesem Sieg weiterhin die Chancen auf einen einstelligen Tabellenplatz erhalten.
Noch ehe sich die Gäste richtig sortiert hatten, war die MT mit einem Doppelschlag von Felix Danner mit 2:0 vorn. Kurios das erste Tor: Gerade als sich Essens Abwehrspieler Ole Rahmel mit seinem Melsunger Gegenüber zur obligatorischen Begrüßung abklatschte, bediente Patrik Fahlgren seinen Mitspieler am Kreis, der dann die Unachtsamkeit seines Kontrahenten eiskalt ausnutzte. Aus dem erfolgreichen Blitzauftakt konnte die MT dann aber zunächst kein weiteres Kapital schlagen. Essen nutzte einerseits Melsunger Nchlässigkeiten in der Abwehr und profitierte gleichzeitig von vergebenen Chancen der Hausherren – u.a. war Michael Allendorf von der Siebenmeterlinie aus an Kulhanek gescheitert. So gelang es der Mannschaft von Trainer Christian Prokop in nicht einmal sechs Minuten, den Zwei-Tore-Rückstand in eine 5:2-Führung umzuwandeln (9. Min.). Dabei machte Rahmel sein Missgeschick aus Minute eins gleich mit zwei Toren in Folge mehr als wett.
Dieses Zwischenergebnis hatte bis zur 13. Minute Bestand, ehe MT-Kapitän Nenad Vuckovic mit einem Gewaltwurf zum 3:5 verkürzen konnte. Gut eine Minute zuvor hatte Savas Karipidis den zweiten Melsunger Strafwurf vergeben. Essens Gegenreaktion war ebenfalls ein Rückraumwurf, Breuer traf zum 3:6 (14.). Die nächsten vier Tore bis zum 5:8 (16.) wurden ausschließlich von den Außen Ole Rahmel und Michael Allendorf erzielt, und zwar in exakt wechselnder Abfolge.
Weil sich jetzt die Hintermannschaft der Gastgeber steigerte – Abwehrspezialist Kubes saß allerdings nach wie vor noch auf der Bank – wurden einige Essener Wurfversuche geblockt oder vom zusehends stärker werdenden Mikael Appelgren im Kasten vereitelt. Melsungen kämpfte sich Tor um Tor heran und hatte nach rund 20 gespielten Minuten erstmalig wieder die Nase vorn. Fahlgren hatte mustergültig Danner bedient und der Kreisläufer markierte mit seinem dritten Treffer die 9:8-Führung. Was Essens Trainer Prokop zur Auszeit veranlasste. Der TuSEM schien sich dabei gesammelt zu haben und kam durch den kaum zu bremsenden Rahmel zum Ausgleich. Doch die MT setzte sogleich nach, Danner und Karipidis erzwangen das 11:9 (24.).
Dass in den verbleibenden sechs Minuten bis zum Halbzeitpfiff nur noch auf beiden Seiten jeweils zwei Tore fallen sollten, lag wohl in erster Linie an der mangelnden Wurfausbeute. Hüben wie drüben waren zwar Chancen vorhanden, aber die Bälle blieben entweder in der Abwehr hängen oder wurden Beute der beiden Keeper Kulhanek und Appelgren, die sich in ihren Leistungen in Nichts nachstanden. So ging es beim 13:11 in die Kabinen.
Den zweiten Durchgang begann die MT genauso wie den ersten, nämlich mit zwei schnellen Toren – diesmal durch Fahlgren, der sich bis in die Nahwurfzone heran gepirscht hatte und durch Allendorf, der von Vuckovic angespielt wurde (15:11, 32.). Fortan kontrollierte die MT das Spiel und hielt den Gegner jeweils mit drei, vier Toren auf Distanz. Doch erst nachdem Patrik Fahlgren, fleißigster Melsunger Rückraumschütze an diesem Tage, den Zwischenstand auf 20:15 hochschraubte (44.) , hatte man als Betrachter das Gefühl “jetzt brennt nichts mehr an”. Zumindest bis zur 52. Minute, als die Gastgeber immer noch 25:21 vorn lagen.
Der frisch eingewechselte Per Sandström musste bei einem Wurf von Kühn gleich zum ersten Mal hinter sich greifen – 25:22. Dann folgten zwei vergebene Melsunger Großchancen (Fahlgren, Mansson) und ein verursachter Siebenmeter, den Breuer gegen den eigens nochmal zurück gekehrten Appelgren verwandelte – 25:23 (54.) Michael Roth beruhigte per Auszeit. Der MT-Coach beorderte Daniel Kubes in die Abwehr und Per Sandström wieder ins Tor. Kaum auf dem Feld, sah sich der Abwehrspezialist mit einer Zeitstrafe und die MT demzufolge mit einer Unterzahlsituation konfrontiert. Die nutzte Rahmel zum 26:25-Anschluss (57.). Der sich eine Viertelstunde zuvor schon abzeichnende sichere Heimsieg war plötzlich in höchster Gefahr.
Die letzten knapp drei Minuten gerieten so zur Zerreissprobe für Spieler und Fans gleichermaßen. Vuckovic scheiterte mit einem Sprungwurf. In nächsten Angriff drohte Zeitspiel und Michael Roth erlöste seine Schützlinge mit der dritten und damit letztmöglichen Auszeit. Nach Wiederaufnahme des jetzt zum Krimi gewordenen Spiels scheiterten Melsunger Angreifer erneut mit Wurfversuchen an der Essener Abwehr oder an deren Keeper. Aber auch auf Seiten der Rotweißen lief der Mann im Kasten zu großer Form auf: 100 Sekunden waren noch zu spielen, als Per Sandström das von Pieczkowski ins linke unter Eck platzierte Geschoss um den Pfosten lenkt. Erste Schrecksekunde kurz darauf, weil Karipidis an Kulhanek scheiterte und dann gleich noch eine weitere, als sich erneut Pieczkowski hochschraubte. Der gleiche Wurf, die gleiche Ecke – und zum Glück aus Sicht der MT – der gleiche Reflex von Sandström. Als im folgenden MT-Angriff Karipidis 11 Sekunden vor Schluss zum 27:25 traf, kannte der Jubel Fans keine Grenzen. Mit einem weiterenh gehaltenen letzten Ball von Essens Kühn hielt Sandström den Melsunger Sieg endgültig fest.
Die Stimmen zum Spiel
Michael Roth, MT-Trainer: Als wir mit fünf Toren vorn lagen, hätten wir den Deckel drauf machen müssen. So aber wurde es leider nochmal spannend. Mit dem Ergebnis bin ich natürlich zufrieden, mit der spielerischen Leistung allerdings nicht. Wir haben vorne einfach zuviele Stockfehler gemacht und es hat auch die Durchschlagskraft gefehlt. Im Rückraum hat nur Patrik Fahlgren Normalform gezeigt, von den anderen Positionen kam zu wenig. Wir hatten ja genügend Chancen, um das Spiel zu entscheiden. Wenn man die aber nicht nutzt, muss man sich nicht wundern, wenn es am Ende eng wird. Im Nachhinein zeigt sich, dass es richtig war, in der Schlussphase Per Sandström im Tor für Mikael Appelgren zu bringen, der vorher zwar gut gehalten hatte, aber dann etwas in der Konzentration nachließ. So hat uns Pelle mit seiner ganzen Erfahrung den knappen Vorsprung über die Zeit gerettet. Dass wir derzeit mit mehreren angeschlagenen Spielern auskommen müssen, ist vielleicht nur eine kleine Entschuldigung für die heutige schwache spielerische Leistung. Letzten Endes sind wir froh, die zwei Punkte hierbehalten zu haben.
Christian Prokop, TuSEM-Trainer: Ich gratuliere der MT zu diesem Sieg, allerdings mit gemischten Gefühlen. Denn heute hätten wir einen Punkt verdient gehabt. Unsere wiederum dezimierte Mannschaft hat große Moral gezeigt und toll gekämpft. Das erste Melsunger Tor fiel bei Ole Rahmel, als sich dieser gerade mit seinem Gegenüber zur Begrüßung abgeklatscht hatte. Wie anschließend zu sehen war, hat ihn das aber für den Rest des Spiels offenbar besonders motiviert. Die Führung in der Anfangsviertelstunde mussten wir bis zur Halbzeit leider wieder abgeben und kassierten dann nach dem Wiederanpfiff auch gleich zwei Tore. Das Ziel, Felix Danner möglichst durch Doppelung auszuschalten, ging nicht immer auf. Ansonsten standen wir aber in der Abwehr recht gut und hatten mit Jan Kulhanek im Tor einen starken Rückhalt. Der Fünf Tore-Rückstand hat uns nicht entmutigt, wie die Schlussphase zeigte. Die beiden Würfe, die sich Niclas Pieczkowski genommen hat, waren richtig, aber sie wurden leider von Sandström pariert. Ansonsten hätten wir sicherlich einen Punkt mitgenommen.
Quelle: http://www.dkb-handball-bundesliga.de/magazin/artikel.php?artikel=16002&type=&menuid=225&topmenu=823