Es passt perfekt ins Bild: Die deutschen Handballer haben es verpasst, Schadensbegrenzung zu betreiben und die verkorkste Europameisterschaft nur mit einem Remis abgeschlossen. Das Team von Bundestrainer Heiner Brand trennte sich im dritten und letzten Hauptrundenspiel am Donnerstagnachmittag trotz einer ordentlichen Mannschaftsleistung von Außenseiter Tschechien mit 26:26 (16:14). Beste deutsche Werfer in der mit knapp 6000 Zuschauern spärlich gefüllten Innsbrucker Olympiahalle waren Lars Kaufmann (7) und Uwe Gensheimer (6/2).
Auf Seiten der ebenfalls bereits ohne Halbfinalchancen angetretenen Tschechen trafen Filip Jicha (6), Tomas Sklenak (4) und Jan Filip (4/2) am häufigsten.
Letzter Angriff geht in die Hose
Die Entscheidung fiel erst in der letzten Spielminute der dramatischen Partie, als Deutschland Sekunden vor Schluss bei Gleichstand den Ball im Angriff verlor, die Tschechen die sich bietende Chance zum Siegtreffer - das deutsche Tor war leer - aber nicht mehr nutzten (Bilder vom Spiel).
"Das ärgert mich", sagte Brand angefressen. "Wir hatten gesagt, dass der Ball auf rechts raus geht und Michi Müller provoziert den Ballverlust, in dem er wieder in die Mitte spielt."
Schlechter als Österreich
Aufgrund des Sieges von Gastgeber Österreich über Russland (31:30) reicht es mit dem Punktgewinn - der einer gefühlten Niederlage gleichkommt - nicht, das schlechteste Abschneiden des DHB in der EM-Geschichte zu verhindern.
1994 und 2000 hatte der Sieger von 2004 die EM jeweils als Neunter beendet, nun ist es der zehnte Platz, da Slowenien durch die 31:40-Niederlage gegen Spanien hinter Deutschland zurückfiel.
Theuerkauf mit Manndeckung gegen Jicha
Gegen die Tschechen begann die DHB-Auswahl ohne den am Knie verletzten Holger Glandorf mit einer offensiven Abwehrvariante: Kreisläufer Christoph Theuerkauf nahm Turnier-Topscorer Filip Jicha vom THW Kiel weitgehend aus dem Spiel.
Es kam zum fast schon obligatorischen Fehlstart: Theuerkauf scheiterte frei vom Kreis, Torsten Jansen verwarf gleich den ersten Siebenmeter. Schnell lag Deutschland mit 0:3 in Rückstand (7.). Kaufmann erzielte erst in der 8. Minute in Überzahl den ersten deutschen Treffer.
Bitter mit starker Partie
Doch gestützt auf einen starken Keeper Johannes Bitter kämpfte Deutschland sich heran. Der gut aufgelegte Glandorf-Ersatz Michael Müller brachte sein Team mit einem Doppelschlag zum 5:3 in Führung.
Und von da an lief es besser: Deutschland lag durch Tore zumeist aus dem Rückraum bis auf eine Ausnahme (9:9/19.) knapp vorn, profitierte dabei aber auch von der schwachen Abwehrleistung der Tschechen.
Munteres Wechselspiel
Brand wechselte munter durch: Teilweise agierten drei Rechtshänder im Rückraum, auf der linken Seite fügte sich Uwe Gensheimer - sicher im Abschluss nicht nur von der Siebenmeter-Linie - prächtig ein.
Dank der über weite Strecken konzentrierten Deckung, die sich bald in die gewohnte 6:0-Formation zurückzog, ging es mit einer Zwei-Tore-Führung in die Pause.
Aufbau für WM und Olympia
In Halbzeit zwei blieb es eng. Kaufmann, der eine ordentliche Wurfquote hatte, erzielte zwar das 19:16 und Bitter entschärfte einen Siebenmeter Jan Filips (38.). Doch die Tschechen steckten nicht auf und waren beim 20:20 durch Jan Stehlik (47.) wieder voll da.
Am Ende war das Unentschieden gerecht, auch wenn für Deutschland bei besserer Chancenauswertung der Sieg möglich gewesen wäre.
Brand, der stets betonte, sein Team befinde sich in der Aufbauphase, wird in Hinblick auf die WM 2011 in Schweden und Olympia 2012 in London seine Konsequenzen aus dem insgesamt enttäuschenden Abschneiden bei dieser EM ziehen.
Das Spiel im Stenogramm
Deutschland - Tschechien 26:26 (16:14)
Deutschland: Bitter (Hamburg), Heinevetter (Berlin) - Kaufmann (Göppingen/7), Gensheimer (Löwen/6/2), Müller (Löwen/3), Theuerkauf (Magdeburg/3), Haaß (Göppingen/2), Christophersen (Wetzlar/2), Sprenger (Kiel/2), Jansen (Hamburg/1), Späth (Göppingen), Kraus (Lemgo), Schöne (Göppingen), Strobel (Lemgo), Roggisch (Löwen)
Tschechien: Galia (Lemgo), Stochl (Berlin) - Jicha (Kiel/6), Sklenak (Eisenach/4), Filip (Schaffhausen/4/2), Stehlik (St. Raphael/3), Vrany (Coburg/3), Mraz (Wetzlar/2), Mickal (Nordhorn/1), Kubes (Lemgo/1), Piskac (Prag/1), Sobol (Montpellier/1), Nocar (Chambery), Vitek (Bergischer HC), Zdrahala (Karvina), Hynek (Ahlen)
Schiedsrichter: Abrahamsen/Kristiansen (Norwegen)
Zeitstrafen: 2:4
Siebenmeter: 3/2:2/2
Zuschauer in Innsbruck: 6000
Quelle: www.toyota-handball-bundesliga.de