HSG bindet hochveranlagten Linksaußen

06.11.2019 14:14
Foto: Michael Elser
Andre Melchert hatte die guten Nachrichten bereits angekündigt. Vor dem wichtigen Heimspiel am Samstag, 20 Uhr, gegen den TSV Bayer Dormagen kann der Sportchef der HSG Konstanz ersten Vollzug melden. Samuel Wendel, hochveranlagter Linksaußen, hat seinen Vertrag wie schon Tom Wolf, Felix Krüger und Joschua Braun ligaunabhängig um zwei weitere Jahre bis 30. Juni 2022 verlängert. Der österreichische B-Nationalspieler, der insbesondere im letzten halben Jahr eine tolle Entwicklung durchlaufen hat, zählt mit seiner Dynamik, Sprungkraft und frechen, spektakulären Art das Handballspiel zu interpretieren, zu den Publikumslieblingen in der „Schänzle-Hölle“.

Für den jungen, fröhlichen Mann aus Vorarlberg, der immer einen flotten Spruch auf den Lippen trägt, gab es zuletzt einiges zu feiern. Erster Auswärtspunkt der Saison in Lübbecke und im Mannschaftsbus anschließend ab 0 Uhr den 23. Geburtstag, der, wenn vielleicht auch etwas schief aber dafür mit umso mehr Innbrunst, gesanglich begleitet wurde. Vom Busfahrer über den Staff bis hin zu den Mannschaftskameraden wurde er geherzt. Legenden besagen, dass es gar ein Geburtstagsgeschenk in Form einer Duftkerze gab. Das Bekenntnis zur HSG Konstanz fiel ihm nicht nur deshalb leicht: „Es gab keinen Grund, nicht zu verlängern. Es ist wunderschön hier und wir haben eine geile Truppe. Das wird sich auch nicht ändern.“ Dreimal ist er mit der HSG – inklusive der U23 – schon aufgestiegen, zweimal ab. Wendel: „Es war immer etwas neues, jede Saison eine geile Erfahrung.“ Pudelwohl fühle er sich, ergänzt der 1,84 Meter große Flügelspieler, was auch damit zusammenhängt, dass seine Familie nicht allzu weit entfernt ebenfalls am Bodensee lebt. 2016 war er von Österreichs Topclub HC Hard an das andere Ende des Sees gewechselt.

Allzu groß sind die Unterschiede zwischen Vorarlberg und Konstanz nun nicht, aber es gibt sie immer noch, die besonderen Alltagsmomente, die Wendel mitunter ins Schwitzen und Schmunzeln bringen. „Manchmal verstehen mich die Leute nicht“, lacht er und erzählt die Geschichte vom Bäcker, in der die Bezeichnung der unterschiedlichen Brötchen von Semmeln und Wecken schon einmal zur Verwirrung führen kann. „Aber daran kann ich ja noch arbeiten“, erklärt er mit einem Augenzwinkern. Harte Arbeit liegt auch hinter dem talentierten ehemaligen Jugend-Nationalspieler, der letztes Jahr in Österreichs B-Nationalmannschaft berufen wurde. Nach einem schlimmen Kreuzbandriss vor seinem Wechsel nach Konstanz so etwas wie ein nicht mehr zu hoffen gewagter Kindheitstraum, der plötzlich in Erfüllung ging. Doch so groß die Freude war, so schnell zerplatzten auch die Seifenblase und die Hoffnung auf weitere Einsätze im roten Nationaltrikot – vorerst zumindest. Um die Mittel für die Europameisterschaft von 9. bis 26. Januar 2020 in Österreich, Schweden und Norwegen zu bündeln, so begründete der österreichische Handball-Verband, wurde das sogenannte Future-Team, die B-Nationalmannschaft, vorläufig aufgelöst.

Das Ziel sind jedoch weitere Einsätze, vielleicht irgendwann sogar im A-Nationalteam. „Aber, das weiß ich und wissen wir alle, bis dahin ist es noch ein weiter Weg“, sagt Wendel. „Im Moment ist die HSG wichtig und wir müssen uns Spieltag für Spieltag konzentrieren.“ Auch in solchen Aussagen spielgelt sich die Entwicklung des Wirtschaftsrecht-Studenten an der mit der HSG kooperierenden Fachhochschule Konstanz wider. Melchert: „Er hat in den letzten Jahren und insbesondre im letzten halben Jahr große Schritte gemacht. Es ist sehr gut für uns, dass wir ihn weiter bei uns sehen werden.“ Manchmal war er in der Vergangenheit noch zu verspielt, nun attestiert der Sportliche Leiter der HSG dem Rechtshänder, dass er „effektiver, fokussierter“ geworden ist. Dies zugleich ohne seine spielerische, elegante Art zu verlieren. „Samuel hat eine tolle Dynamik und Sprungkraft von außen, dazu ein gutes Verhalten im Gegenstoß“, lobt Melchert, erwartet aber zugleich, dass die Entwicklung so weitergeht.

Zufrieden ist auch der gebürtige Bregenzer mit seinen Fortschritten, denn kurz vor seiner Konstanzer Zeit war er, so seine eigenen Worte, „völlig zerstört.“ Mit 19 drohte das Karierende, der Gedanke daran war gar nicht so fern. „Deshalb ist jetzt alles besser als je erwartet“, gibt er zu bedenken. „Jeden Tag bekommt man aber auch aufgezeigt, woran man arbeiten muss.“ Technische und mentale Dinge, körperliche Voraussetzungen – und wie mit Misserfolgen umzugehen ist. Das Vertrauen des Trainers und des Teams hilft dabei. Gewinnen ist das Ziel, „auch wenn das in der 2. Bundesliga nicht mehr so oft wie in der 3. Liga gelingen kann“, zuckt er schmunzelnd mit den Schultern. „Mit mehr Routine, Abgeklärtheit und vielleicht auch etwas Glück würde es schöner als sechs Punkte aussehen.“

Doch das Feld ist eng beisammen in der stärksten zweiten Liga der Welt. Bereits am Samstag, 20 Uhr, steht wieder ein richtungsweisendes Heimspiel gegen Bayer Dormagen bevor. Der Plan: Mit der spielerisch und technisch anspruchsvollen Note im Angriff und unablässigem Kampf in der Deckung sollen die Punkte sechs und sieben im eigenen Hexenkessel errungen werden. Vor dem Spiel wird Wendel wahrscheinlich wie so oft zusammen mit Mannschaftkamerad Fabian Maier-Hasselmann in einem Café sitzen und sich auf die frenetischen Fans freuen. Die Probleme, die es mitunter beim Brötchenkauf gibt, sind auf dem Spielfeld unmöglich. Die Sprache des Sports ist universell, die Freude am Spiel sowieso. „Die Fans werden wieder positiv auf uns einwirken, wir brauchen genau das, das macht so viel aus“, blickt er gespannt voraus. „Jeder einzelne Ball wird wichtig.“

Quelle: PM HSG Konstanz

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