Die MT Melsungen hat in einem über weite Strecken hochklassigen Schlagabtausch die Rhein-Neckar Löwen mit 25:24 (16:16) bezwungen. Den entscheidenden Treffer setzte Julius Kühn bei abgelaufener Uhr mit einem fulminanten Freiwurf-Kracher ins linke obere Tor-Eck. Vorangegangen waren 60 begeisternde Minuten zweier Mannschaften absolut auf Augenhöhe. Konnten sich die Gäste Mitte der ersten Hälfte, die Offensivhandball feinster Güte bot, leicht absetzen, zeigten die Hausherren nach dem Seitenwechsel im gnadenlosen Defensiv-Abnutzungskampf nicht nur Herz und Emotionen, sondern vor allem ganz viel Willen. Mit fünf Toren avancierte Andre Gomes zum besten Schützen der MT, für die Rhein-Neckar Löwen erzielte Lukas Nilsson sieben seiner neun Treffer bereits im ersten Durchgang.
Mit einer „echten“ Start-Sieben, sowohl offensiv als auch defensiv identisch, ging Melsungen in die ersten Angriffe. Also ohne Wechselkandidaten für die Verteidigung, nachdem Julius Kühn früh den ersten Treffer der Partie gesetzt hatte. Vor Nebojsa Simic vermochten Elvar Örn Jonsson und Arnar Freyr Arnarsson im Innenblock, sowie Kai Häfner, Julius Kühn und die Außen Yves Kunkel und Timo Kastening daneben, die Löwen zunächst jedoch nicht zu stoppen. Die wiederum wechselten gleich zweimal, ersetzten Ilija Abutovic und Ymir Örn Gislason im Vorwärtsgang durch Niclas Kirkelokke und Patrick Grötzki. Dem Tempo beim Umschalten tat das keinen Abbruch; das war beiderseits extrem hoch. Kompromisslos wurden sieben der ersten acht Angriffe verwertet, nach nur 200 Sekunden Spielzeit lagen die Gäste mit 4:3 vorn.
Was die MT über die Breite des Feldes verteilte, lief bei den Löwen zielstrebig über Halblinks und den Kreis. Als Lukas Nilsson zum 6:8 einwarf (10.), war das schon sein vierter Streich. Derer drei hatte bis zu diesem Zeitpunkt Jannik Kohlbacher auf dem Zettel, während sich die Melsunger Tore von links Kunkel über den kompletten Rückraum bis rechts Kastening gut verteilten. Was aber eben nicht passte, das war die Abwehr. Deshalb reagierte Trainer Roberto Garcia Parrondo früh, brachte Silvio Heinevetter für Simic im Tor sowie Gleb Kalarash im Deckungszentrum. Mit dem Erfolg, dass „Heine“ gleich den nächsten Versuch von Nilsson abwehrte und der russische Neuzugang erst Arnarsson eine Verschnaufpause ermöglichte, dann Jonsson – und dabei hinten die eklatanten Lücken der ersten Minuten stopfte.
Das Tempo ging auf beiden Seiten leicht zurück, es wurde intensiver auf dem Feld. Ymir Örn Gislason kassierte die erste Strafe der Partie, was am Spielstand nichts änderte. Die Gäste blieben mit einem bis zwei Toren in Vorlage, die Nordhessen verpassten mehrfach den Anschluss durch leichtfertige Ballverluste. Da Lukas Nilsson seine Treffsicherheit wieder fand, bedeutete sein 10:13 (21.) die erste etwas deutlichere Führung der Gelb-Schwarzen – und die erste Auszeit von Parrondo. Die schnell fruchtete, denn Heinevetter profitierte von der besser werdenden Aufmerksamkeit seiner Vorderleute und parierte zweimal, vorn traf Jonsson ebenso oft – 12:13 (24.).
Laut wurde es in der Halle, als Gleb Kalarash einen Wurf von Andi Schmid blockte und sich im Mittelfeld gleich drei Melsunger im Bodenkampf den Ball sicherten. Der nächste Angriff kulminierte in einem finalen Freiwurf mit nur noch einem Pass, den Andre Gomes fast aus dem „dritten Stock“, unter Jubelstürmen des ob dieser Sprungkraft staunenden Publikums, lang ins Dreieck wuchtete. Als dann noch Silvio Heinevetter abermals gegen Nilsson Sieger blieb und vorn Yves Kunkel mit schneller Reaktion nach Katsigiannis-Parade zum 14:14 einwarf (27.), war richtig Feuer unter dem Dach. Die verbleibenden dreieinhalb Minuten brachten zwar nochmal Spannung und vier Tore, am Gleichstand indes änderte sich bis zum Pausenpfiff nichts.
Die zweite Hälfte begann nicht gut für die Gastgeber. Ohnehin noch in Unterzahl, weil Gleb Kalarash kurz vor dem Seitenwechsel eine Strafe kassiert hatte, hing Elvar Örn Jonsson am Trikot von Andi Schmid, als der die nächste Gästeführung markierte. Eine Minute also in doppelter Unterzahl und dazu noch gleich die erste Parade von bereits zuvor eingewechselten Mats Grupe. Nur gut, dass Heinevetter ebenfalls auf dem Posten war, gegen Jannik Kohlbacher aus nächster Distanz klärte und das personelle Handicap der MT damit keine größeren Schäden nach sich zog. Die Baden blieben dennoch vorn, weil mal wieder Nilsson traf – 17:18 (34.).
Vier Minuten tat sich nichts, obwohl zwischenzeitlich Andi Schmid raus musste. Dann wechselte sich bei den MT-Fans aufbrandender Jubel mit verzweifeltem Aufstöhnen in Sekundenschnelle ab. Silvio Heinevetter hatte einen Siebenmeter von Benjamin Helander praktisch schon pariert, aber das Leder rutschte ihm über die Hand und tropfte hinter die Linie zum 17:19 (39.). Jubel ohne anschließendes Stöhnen rief dagegen Julius Kühns 19:19 zwei Minuten später ebenso hervor wie der von Timo Kastening sicher verwandelte Strafwurf zum 20:20 (43.). Als auch noch der eigens eingewechselte Nebojsa Simic gegen Andi Schmid von der Siebenmeterlinie siegreich blieb und Yves Kunkel im Gegenzug die erste MT-Führung seit der Anfangsphase zum 21:20 holte (45.), glich die Rothenbach-Halle einem Tollhaus – und Klaus Gärtner zog flugs die Grüne Karte.
Melsungen blieb auf dieser kleinen Erfolgswelle, die Fans zollten nach Heinevetters nächster Parade gegen Schmid aus dem Feld stehend Applaus. Auch dass Yves Kunkel einen ins Seitenaus zu gehen drohenden Ball sicherte und Domagoj Pavlovic einen Gegenstoßpass der Löwen abfing, passte zur grandiosen MT-Vorstellung in dieser Phase Anfang bis Mitte der zweiten Hälfte. Erst Kai Häfners Scheitern am zurückgekehrten Nikolas Katsigiannis und der 21:21-Ausgleich von Philipp Ahouansou geboten Einhalt, der Treffer von Katsigiannis im Spiel Sieben-gegen-Sechs der MT ins verlassene Tor ließ Ernüchterung einkehren (21:22, 49.).
Hatten es die Nordhessen zuvor bereits mit Überzahlspiel probiert, war nun, nach einer erneuten Auszeit, kurzzeitig das Spiel mit zwei Kreisläufern angesagt. Jedoch ohne zählbaren Erfolg. Weshalb Kastening auf die Außenbahn zurückkehrte, die Mitte damit entzerrte und Andre Gomes indirekt den Raum zum 22:22 bescherte (52.). Das Momentum pendelte in diesen ganz intensiven Minuten, da nicht ein einziger Zentimeter Boden preisgegeben wurde, ständig hin und her. Auch die MT hatte eine Chance auf die Führung, holen konnten sie aber wieder die Gäste mit einem fulminanten Nilsson-Kracher in den linken Winkel (54.).
Das nächste Ausrufezeichen setze ebenfalls ein Löwe: Nikolas Katsigiannis parierte erst gegen Timo Kastening von Außen, dann auch den Nachwurf aus kürzester Distanz von Arnar Freyr Arnarsson. Weil aber Niclas Kirkelokke ein technischer Fehler unterlief, war wieder Melsungen dran: Andre Gomes vollstreckte zum 23:23 (54.), Silvio Heinevetter hielt bärenstark gegen Lion Zacharias und das begeisterte Publikum erlebte den nächsten Streich von Gomes zum 24:23 im Stehen (58.). Sie setzten sich bis zum Ende auch nicht mehr, selbst als Andi Schmid mit viel Glück per Siebenmeter gegen Simic wieder auf Remis stellte. Timo Kastening hatte nach Abwehr durch den Kreis gegen Julius Kühn die Chance zum 25. MT-Tor, scheiterte aber an Katsigiannis. Auch der letzte Löwen-Angriff lief ins Leere, so dass Julius Kühn die finale Möglichkeit zum Siegtreffer per direktem Freiwurf bekam – und sie bei bereits abgelaufener Uhr mit einem kerzengerade im kurzen Winkel einschlagenden Wurf nutzte.
Trainerstimmen zum Spiel
Roberto Garcia Parrondo: Erst einmal viel Glück den Löwen für den Rest der Saison. Ich kann der Mannschaft und dem Trainer nachfühlen, wie es ihnen geht, wenn man innerhalb kürzester Zeit zwei solche Schläge hinnehmen muss und dabei Punkte verliert. Aus Sicht unseres Clubs bin ich glücklich über den Sieg, denn die Rhein-Neckar Löwen sind ein starkes Team. Wir haben sowohl im Angriff als auch in der Abwehr sehr gut gespielt. Wenn gleich uns manchmal in der Abwehr noch etwas der Zugriff fehlte, aber vorn lief besonders das Spiel Sechs-gegen-Sechs gut. Natürlich haben wir auch Fehler gemacht, an denen wir arbeiten müssen. Aber ich bin zufrieden und je länger wir jetzt arbeiten, umso mehr werden diese fehlerbehafteten Phasen im Spiel verschwinden. Auch wenn es heute so scheint, als sei das nur ein glücklicher Sieg gewesen, was sicher auch ein Faktor war, so hätten wir das Spiel aber auch vorher schon für uns entscheiden können. Ich bin wirklich sehr zufrieden heute.
Klaus Gärtner: Glückwunsch an Roberto und die MT Melsungen zum Sieg. Wir haben uns teils sehr dumm angestellt, da wäre mehr für uns drin gewesen. Es ist bitter, wenn man sich die Tabelle jetzt anschaut. Das ist der zweite KO für uns binnen nur weniger Stunden und wenn diese Dinge so nicht passieren, stehen wir plötzlich da, wo die MT jetzt steht. Ich kann meiner Mannschaft nicht einmal einen Vorwurf machen, sie haben sich reingeworfen. Lukas Nilsson macht heute bestimmt sein bestes Spiel der Saison, macht aber den letzten Ball dann nicht rein. Trotzdem war es ein gutes Spiel vor einer super Kulisse und einem klasse Publikum. Wir können nur hoffen, dass das auch noch weiter so bleibt.
MT Melsungen – Rhein-Neckar Löwen 25:24 (16:16)
MT Melsungen: Simic (4 Paraden / 9 Gegentore), Heinevetter (11 P. / 15 G.); Maric, Kühn 4, Beekmann, Kunkel 4, Jonsson 4, Arnarsson, Allendorf , Gomes 5, Kalarash, Häfner 4, Petersson, Fuchs, Kastening 4, Pavlovic - Trainer Roberto Garcia Parrondo.
Rhein-Neckar Löwen: Katsigiannis (1 Tor / 9 P. / 18 G.), Grupe (4 P. / 7 G.); Schmid 5/3, Zacharias, Kirkelokke, Diocou, Patrail, Knorr, Helander 1/1, Ahouansou 1, Abutovic, Groetzki, Horzen 1, Gislason 1, Nilsson 9, Kohlbacher 5 - Trainer Klaus Gärtner.
Schiedsrichter: Julian Köppl (Nieder-Olm) / Denis Regner (Darmstadt)
Zeitstrafen: 4 – 6 (Kalarash 29:27, Jonsson 30:32 – Gislason 12:58, Schmid 36:14, Ahouansou 42:36)
Strafwürfe: 0/1 – 4/5 (Schmid scheitert an Simic 43:27, Kastening scheitert an Katsigiannis 59:19)
Zuschauer: 3.324 in der Rothenbach-Halle, Kassel.
Das nächste Spiel:
SO., 28.11.21, 18:05 Uhr, HSV Hamburg – MT Melsungen, Sporthalle Hamburg
Quelle: PM MT Melsungen
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