ROGGISCH: "WAR WAHNSINNIG STOLZ, DAS ERSTE MAL DAS DHB-TRIKOT ZU TRAGEN"

18.09.2014 15:24
Im Sommer hat Oliver Roggisch im zarten Alter von 36 endgültig die Seiten gewechselt – aus dem erfolgreichen Club- und Nationalspieler, der als Abwehrspezialist „The Rogg“ Maßstäbe auf dem Spielfeld setzte, wurde der Co-Trainer und Team-Manager. Sowohl bei den Rhein-Neckar Löwen, als auch bei der deutschen Nationalmannschaft steht Roggisch nun zwei neuen Cheftrainern – auf der einen Seite dem Dänen Nicolaj Jacobsen, auf der anderen dem isländischen Bundestrainer Dagur Sigurdsson - mit Rat und Tat zur Seite. Bei den Rhein-Neckar Löwen scheint die Zusammenarbeit schon einmal bestens zu funktionieren: Nach fünf Spieltagen in der DKB Handball-Bundesliga steht der Vize-Meister aus der Vorsaison an der Tabellenspitze. Bei der Nationalmannschaft stehen in den kommenden Wochen und Monaten die ersten großen Herausforderungen an, auch Oliver Roggisch wird sich bewähren müssen. Im Interview der Woche schätzt der 36-Jährige den Saisonstart der Rhein-Neckar Löwen ein und verrät vor den Nationalmannschaftsspielen gegen die Schweiz (20.09 in Göppingen, 21.09 in Ulm), wie er sich seine Rolle als Team-Manager der DHB-Auswahl künftig vorstellt. Herr Roggisch, Sie waren 16 Jahre lang Profi. Was für ein Gefühl war es, die ersten Saisonspiele ohne Trikot auf der Brust zu erleben? Fehlt Ihnen die Herausforderung auf dem Spielfeld? Oliver Roggisch: Wenn man ehrlich ist, habe ich in der Rückrunde der vergangenen Saison ja auch nicht mehr aktiv gespielt. Der Übergang war also durchaus fließend. Natürlich fehlt mir jetzt die Möglichkeit, sich auf dem Spielfeld auszutoben, seine Emotionen ausleben zu können. Aber auch als Co-Trainer steht man ständig unter Strom. Der Ehrgeiz ist der gleiche geblieben und die Zusammenarbeit mit Nicolaj Jacobsen neben dem Spielfeld ist wirklich sehr aufschlussreich und macht riesen Spaß. Sie sprechen Ihren neuen Job bei den Rhein-Neckar Löwen an. Welche Aufgaben umfasst ihre jetzige Tätigkeit denn genau? Roggisch: Ich bin Co-Trainer und Team-Manager in Personalunion. Das heißt, ich bin bei jeder Trainingseinheit dabei, wenn es mein Terminkalender erlaubt, halte Rücksprache mit dem Cheftrainer und achte dabei bevorzugt auf die Deckungsarbeit. Wenn mir im Angriff etwas auffällt, teile ich Nicolaj das aber natürlich auch prompt mit (lacht). Als Team-Manager kümmere ich mich um alles Organisatorische, was rund um die Mannschaft anfällt: Absprache mit der Geschäftsstelle, Reise- und Trainingspläne. Du hast ja als Spieler gar keine Vorstellung, was so alles hinter einem erfolgreichen Spielbetrieb steckt. Klar wird den Handballprofis nicht so viel abgenommen wie beispielsweise den Fußballprofis, aber auch als Handballer sollte man sich vor Augen führen, was das Team drum herum alles so regeln muss. Für mich ist das schon ein Aha-Effekt. Meine jetzige Arbeit ist äußerst interessant und lehrreich. Mein Einbindung in die Organisation meines Abschiedsspiels oder die Herausforderungen, die das Weltrekordspiel beim Tag des Handballs darstellte, waren für mich schon prägende Erfahrungen, an denen ich wachse. Als Experte der Sport Bild haben Sie vor Saisonbeginn den THW Kiel als größten Meisterschaftsfavoriten eingeschätzt. Nach 5 Spieltagen liegen die Rhein-Neckar Löwen allerdings vor dem großen Konkurrenten aus dem Norden. Welchen Stellenwert messen Sie dem Saisonstart bei? Roggisch: Wir hatten natürlich einen super Saisonstart, was die Ergebnisse angeht. Spielerisch haben wir noch nicht unbedingt das auf die Platte gebracht, was wir uns vorstellen. Beim Auswärtsspiel gegen den Bergischen HC hat sich das dann gerächt. Auch beim Auftaktspiel gegen den SC Magdeburg waren wir eigentlich über lange Strecken die schwächere Mannschaft. Allerdings sind alle Favoriten etwas holprig in die Spielzeit gestartet. Das wird sich aber legen, speziell beim THW Kiel. Die werden sich mit Sicherheit wieder oben festsetzen. Wir hoffen natürlich, dass dieses Festsetzen sich dann hinter uns abspielen wird. Jetzt macht es noch keinen Sinn ständig auf die Tabelle zu sehen. Wir arbeiten einfach jeden Tag hart, versuchen uns ständig zu verbessern – und was das dann am Ende wert ist, werden wir sehen. Themawechsel. Derzeit sind Sie als Team-Manager der Nationalmannschaft beim Lehrgang in Heilbronn dabei. Wie wollen Sie Ihre neue Rolle beim DHB künftig ausfüllen? Roggisch: Ich definiere mein Aufgabenfeld ähnlich wie bei den Rhein-Neckar Löwen, habe also schon meine ersten Erfahrungen gesammelt. Im Endeffekt bin ich das Bindeglied zwischen der Mannschaft und den Verbandsverantwortlichen, verstehe mich aber auch als Ansprechpartner für den neuen Bundestrainer Dagur Sigurdsson und alle Spieler. Dazu kommen vielfältige organisatorische Aufgaben wie die Tagesplanung im Rahmen der Lehrgänge oder Hallenbesichtigungen. Die Zusammenarbeit mit Dagur funktioniert sehr gut, er ist ein super Typ: ein positiver Mensch mit klaren Vorstellungen, aber gleichzeitig auch immer offen für Anregungen. Am Dienstag hat Dagur Sigurdsson sein erstes Training als neuer Bundestrainer geleitet. Wie war Ihr Eindruck? Roggisch: Dagur agiert sehr strukturiert. Am Dienstagabend hat er der Mannschaft beispielsweise anhand einer Präsentation seine Spielphilosophie vorgestellt. Er hat dargelegt, wie die Abwehrarbeit organisiert werden soll, wie der Angriff. Ich habe das Gefühl, diese Art der Kommunikation kommt beim Team sehr gut an. Die Mannschaft macht auf jeden Fall den Eindruck, sehr zufrieden mit der Wahl des neuen Trainers zu sein. Die Doppelfunktion des Bundestrainers bei den Füchsen Berlin und beim DHB ist in aller Munde. Wie gelingt es Ihnen, Vereins- und Verbandsarbeit auseinanderzuhalten – oder befruchten sich die unterschiedlichen Herausforderungen sogar? Roggisch: Auf Dauer ist so eine Doppelfunktion natürlich eine hohe Belastung. Im Fall von Dagur ist es vielleicht aber ganz gut, dass er jetzt noch ein Jahr nah an der Liga ist. Er setzt sich rund um die Uhr mit den Spielern der Clubs auseinander, kennt die jungen Talente, nicht nur bei den Füchsen. Klar wird es für ihn ein arbeitsintensives Jahr, aber ich sehe da für das eine Jahr keinen entscheidenden Nachteil. Bei mir persönlich gibt es ja kaum Überschneidungen. Wenn ein Trainingslager der Nationalmannschaft ansteht, kümmere ich mich eben rechtzeitig im Vorfeld um die Planungen. Aber ich bin ja noch jung, diese kleine Doppelbelastung macht mir wenig aus. Im Gegenteil: Ich finde meine Aufgaben unglaublich interessant und möchte so viel wie möglich lernen. Sie galten als einer der kompromisslosesten Abwehrspieler der Welt. Die Abwehr ist genau das, was Dagur Sigurdsson besonders stärken möchte. Inwiefern können Sie sich denn auch sportlich in die Nationalmannschaft einbringen? Roggisch: Wie gesagt, Dagur ist offen für jede Anregung. Wenn mir im Training etwas auffällt, werde ich immer meine Meinung dazu sagen. Wir stehen in dieser Hinsicht alle im regen Austausch. Allerdings muss man auch erst einmal die nächsten Entwicklungen abwarten: Die Position des Co-Trainers ist noch nicht fix, die Strukturen müssen erst wachsen. Deutschland ist dank einer Wildcard doch noch bei der WM dabei. Mit welchen Erwartungen blicken Sie der WM 2015 in Katar entgegen? Roggisch: Die Weltmeisterschaft ist schon noch sehr weit weg. Aber klar wollen wir zeigen, dass wir die Wildcard verdient haben, und, dass Deutschland einfach zu einer WM gehört. Wir wollen frech aufspielen und unser Bestes geben. Klare Ziele werden wir aber erst zur gegebenen Zeit definieren. Am Wochenende (20./21.09) stehen zwei Testspiele in Göppingen und Neu-Ulm (So., 21.9., ab 17 Uhr live auf Sport1) gegen die Schweiz auf dem Programm. Genau gegen diesen Gegner feierten Sie vor mehr als 12 Jahren ihr Nationalmannschaftdebut. Roggisch: Ja, das war in Dessau. Es war ein unglaubliches Gefühl, das Nationalmannschaftstrikot mit dem eigenen Namen auf dem Rücken zu tragen. Damals stand ja noch die so genannte goldene Generation mit Markus Baur, Volker Zerbe, Christian Schwarzer und Co. auf der Platte. Das war gar nicht so einfach, ins Teamgefüge zu finden, da musste man sich schon noch in die Mannschaft kämpfen. Aber ich kann mich noch erinnern, dass ich danach wahnsinnig stolz nach Hause gefahren bin. Der Stolz, für sein Land spielen zu dürfen, muss auch Grundlage für jeden Nationalspieler sein, denn er kann beflügeln. Wie geht die DHB-Auswahl die beiden Spiele am Wochenende gegen die Schweiz an? Roggisch: Wir wollen natürlich unsere beste Leistung bringen und beide Spiele gewinnen. Obwohl es zwei Testspiele sind, werden wir gar nicht viel experimentieren. Die Spiele machen den Auftakt für eine wichtige Phase mit EM-Qualifikationsspielen und der WM in Katar. Und dieser Auftakt sollte schon erfolgreich sein. Foto: Sörli Binder Mehr Infos zu Oliver Roggisch finden Sie auf seiner Homepage und auf Facebook. Karten für die beiden Schweiz-Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft gibt es im DHB-Ticketshop. TV-TIPP: Sonntag, 21. September 2014 ab 17 Uhr Live auf Sport1 im Free-TV Länderspiel: Deutschland vs. Schweiz Premiere für Dagur Sigurdsson. Die Nationalmannschaft startet mit zwei Testspielen gegen die Schweiz unter der Leitung des neuen Bundestrainers. Nach der Partie am Samstag in Göppingen findet das zweite Kräftemessen mit den Eidgenossen am Sonntag in der ratiopharm arena in Ulm/Neu-Ulm statt. Für Sigurdsson gilt es das Team kennen zu lernen und zu formen, denn die Qualifikationsphase zur EURO 2016 steht bereits vor der Tür. Und bei der WM im Januar 2015 in Katar will Deutschland dank der Wild-Card auch eine schlagkräftige Truppe stellen. Quelle: http://www.dkb-handball-bundesliga.de/

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