Zebras deklassieren die Füchse

11.11.2009 9:09
Der THW Kiel hat sich drei Tage nach dem Kräfte raubenden Champions-League-Spiel in Kolding gut erholt gezeigt: Bei den Füchsen Berlin ließen die Kieler zu keiner Zeit etwas anbrennen, in der nicht ganz ausverkauften Max-Schmeling-Halle setzten sie sich nach hektischen Anfangs-Minuten Stück für Stück ab und deklassierten einen am Ende resignierenden Gegner mit 40:23 (18:13). Für den THW war das Rückraum-Trio aus Kim Andersson, Momir Ilic und Daniel Narcisse mit je sieben Torerfolgen am erfolgreichsten. Alfred Gislason verzichtete zu Beginn der Partie auf Christian Sprenger, den die Auswirkungen einer starken Erkältung plagten. Für den in der Nähe Berlins geborenen Sprenger rückte Christian Zeitz auf Rechtsaußen. Auch der zuletzt von Gislason als körperlich ausgelaugt beschriebene Ilic durfte erst einmal auf der Bank Platz nehmen, wo Aron Palmarsson sich nach seiner schweren Knieprellung als einsatzfähig zurück meldete. In der zum ersten Mal gegen den THW nicht ausverkauften Max-Schmeling-Halle agierten beide Mannschaften zur ungewöhnlich späten Anwurfzeit hektisch. Fehlwürfe und -pässe wechselten sich ab, nach vier Minuten war beim 2:2 noch nicht viel passiert. Dann kaufte sich Thierry Omeyer, von den Zuschauern des DSF zum "Handballer des Monats gewählt", sich zwei Würfe des ehemaligen Ciudad-Real-Kreisläufers Thorsten Laen, der einmal mehr bestechend auftrumpfende Narcisse tankte sich zum 3:3 durch, ehe Jicha einen Tempogegenstoß zur ersten THW-Führung ins Tor wuchtete (8.). Die Zebras waren offenbar mit dem Motto "Tempo, Tempo, Tempo" aufs Feld geschickt worden - eine Taktik, die sich nunmehr auszuzahlen schien. Hinten sicherte Omeyer auch gegen Gegenstöße der Füchse sein Tor, und vorne rollte die Rückraum-Angriffs-Maschine auf Express-Geschwindigkeit. Narcisse erzielte nach elf Minuten beim 6:4 die erste Zwei-Tore-Führung, die Lundström mit zwei feinen Treffern erhöhte. Berlin schien gegen die gut postierte Abwehr, die nun auch den Kreisläufer Laen immer besser in den Griff bekam, kein Mittel zu finden - außer durch Wilczyinskis Siebenmeter. Zwei Strafwürfe waren es dann auch, die die Füche beim 6:8 (16.) wieder in Reichweite der Kieler brachten. Doch die ließen sich von ihrem einmal eingeschlagenen Weg auch nicht durch permanentes Trikotziehen und einige harte Attacken der gegnerischen Defensive mit anschließendem Kopfschütteln über die Pfiffe der Schiedsrichter aus dem Takt bringen: Ein Doppelschlag von Narcisse, der sich zunächst durchtankte, wenig später dann im Stile eines Basketballers auf die Abwehr zudribbelte und eiskalt versenkte, brachte das 10:6 (17.). Gislason versuchte nun, seine müden Spieler durch effiziente Wechsel zu entlasten. So kam Sprenger zum Einsatz, im Rückraum wurde munter im Fünf-Minuten-Rhythmus durchgetauscht. Das Spiel der Fördestädter geriet dadurch nur kurz ins Stocken, auch weil Heinevetter zweimal gegen Zeitz ein Körperteil an den Ball bringen konnte - bei Strands 8:11 (22.) keimte wieder so etwas wie Hoffnung bei den Anhängern der Berliner auf. Gislason rief sein Team zur Auszeit, um wieder mehr Ruhe in die Aktionen zu bringen. Das half - vier Minuten später war der Vorsprung wieder auf fünf Tore angewachsen. Omeyer sorgte für zusätzliche Demotivation der Gastgeber, als er Wilczynski und Richwien kurz nacheinander jeweils einen Tempogegenstoß vermieste - den Rest erledigte Momir Ilic: Die letzten drei Kieler Tore in der ersten Hälfte gingen auf das Konto des Serben, der wieder sichtlich Spaß an platzierten, wuchtigen Würfen gefunden zu haben schien. Die zweite Halbzeit begann, wie die erste geendet hatte: mit einer spektakulären Aktion des THW Kiel. Narcisse schnappte sich am eigenen Kreis den Ball, war zwei Sekunden später auf der gegenüberliegenden Seite angelangt und drosch den Ball zur ersten Sechs-Tore-Führung der Landeshauptstädter ins von Heinevetter gehütete Tor. Dafür gab es dann sogar Applaus der zuschauenden Schauspieler Simone Thomalla ("Tatort") und Sven Martinek ("Der Clown"). Wenn die beiden auf eine überraschende Wendung des Spiels gehofft haben sollten, wurden sie von den Zebras maßlos enttäuscht: Konzentriert, mit viel Willen und einer stabilen Deckung ließen die die Gastgeber staunen. Über Jichas Tempogegenstoß beispielsweise, oder auch Narcisse Wurf aus dem Stand in Unterzahl zum 14:21 (34.). Nach zehn Minuten der zweiten Halbzeit durfte dann auch Aron Palmarsson Berliner Erstliga-Luft schnuppern: Der junge Isländer bedankte sich mit einem wuchtigen Knickwurf zum 24:17 und einer Einzelleistung zum 26:18. Es folgte ein grandioser No-Look-Pass auf Ahlm zum 27:18 (44.) - drei tolle Aktionen von Palmarsson, der im weiteren Verlauf viel Übersicht und klare Anspiele folgen sollten. Die Partie war zu diesem Zeitpunkt längst entschieden, die Berliner hatten sich der Übermacht des THW da schon längst gebeugt. Ohne Wucht aus dem Rückraum konnten die Füchse der sattelfesten 6-0-Abwehr der Zebras nicht beikommen, und auch Laen sah kaum noch einen Stich gegen den Mittelblock. Auch die Auszeit von Füchse-Coach Sigurdsson konnte den spielfreudigen THW kaum stoppen: von 25:18 zogen die Kieler mit einer klaren 7-0-Serie in acht Minuten auf 32:18 (51.) davon - und die Berliner Fans spendeten für zum Teil tolle Treffer Szenenapplaus. Auch Igor Anic und Daniel Wessig durften in der Schlussviertelstunde ran, Klein kam für Lundström, Gentzel ersetze Omeyer - Gislason setzte in seinem Team auf den Schongang. Auch, weil Jicha bei einem Zweikampf einen Schlag an den Kopf bekam, auch, weil Narcisse schmerzhaft mit Ahlm zusammenprallte und dann geschont wurde. Ein Doppelschlag von Laen (52.) sollte dann die Resultatsverbesserung für die Füchse einläuten - doch dieses Unterfangen musste schief gehen, da die Berliner Defensive sich den Zebras nicht mehr entgegen werfen wollte. So nutzte Andersson die Schlussminuten, um in der vereinsinternen Torbilanz der Berlin-Tour zu Ilic und Narcisse aufzuschließen: Vier Tore in sechs Minuten erzielte der Schwede, und als Gentzel - zuvor mit zwei Siebenmeter-Paraden - sich auch noch ein paarmal bei Würfen aus dem Feld auszeichnen konnte, rückte urplötzlich die magische 40-Tore-Grenze näher und näher. Palmarsson, Andersson und zweimal Klein nach Wessig-Bodenpass einem Palmarsson-Abspiel quer über das Feld: Vier Tore in zweieinhalb Minuten bedeuteten das 39:23, den vierzigsten Treffer erzielte Anic dann nach dem Schlusspiff per Siebenmeter. Für die schwachen Berliner war die Klatsche gegen den THW die bisher höchste Niederlage der Saison. Die Zebras haben sich indes mit einer beeindruckenden Vorstellung in der TOYOTA Handball-Bundesliga zurück gemeldet - um sich gleich wieder kurz in Richtung Champions League zu orientieren: Am Sonntag ist der schweizer Meister Amicitia Zürich zu Gast in der Sparkassen-Arena. Bis dahin aber sind endlich einmal ein paar Stunden Zeit zur Regeneration. Denn die nächsten Wochen werden hart: Noch elf Spiele haben die Zebras bis Silvesterabend zu bestreiten ... Stimmen zum Spiel: THW-Torhüter Thierry Omeyer: Wurde vom DSF zum "Handballer des Monats" gewählt: Thierry Omeyer. Wir haben die letzten beiden Spiele nicht so gut gespielt, heute wollten wir es besser machen. Insgesamt war es ein gutes Spiel von uns, wir haben von Anfang an sehr konzentriert gespielt und eine gute Leistung gezeigt. Die Abwehr stand heute gut, ich habe dahinter meine Arbeit gemacht. Da auch das klappte, konnten wir über Gegenstöße zum Erfolg kommen. Von den letzten acht Spielen haben wir sieben auswärts absolviert. Natürlich wollten wir in Kolding gewinnen, aber wir hätten am Ende auch verlieren können. Das Unentschieden ging in Ordnung. Jetzt folgt endlich wieder ein Heimspiel gegen Zürich - wir wollen gegen Amicitia vier Punkte holen. [Ist der HSV weiter der härteste Gegner?] Klar, wir haben nur einen Punkt Vorsprung, und der HSV ist ein starker Gegner. Aber: Jeder Spieltrag ist gefährlich. Wir haben viele gute Mannschaften in der Liga, jedes Spiel muss man aufpassen. Quelle: www.toyota-handball-bundesliga.de

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