Im Gespräch mit HSG-Pressesprecher Andreas Joas blickt Paul Kaletsch auf den furiosen Endspurt in Rostock zurück, erklärt, warum es ihm mit dem Rücken zur Wand am meisten Spaß macht und was am Samstag vor und nach der Entscheidung um den Aufstieg in die 2. Bundesliga los sein wird. Zudem bewertet er die Ausgangslage und sagt, dass er „es allen zeigen möchte.“
Rückraumspieler Paul Kaletsch wechselte 2013 vom TV Hüttenberg an Bodensee. Der 27-Jährige 1,91 Meter große Shooter wurde in Gießen geboren und in dieser Saison mit 226 Treffern Torschützenkönig der 3. Liga Süd. Der Master-Student war schon 2016 mit der HSG in die 2. Bundesliga aufgestiegen und dort 2018 mit 251 Toren vierbester Werfer der Liga. Für die HSG Konstanz hat er insgesamt bereits weit über 1 000 Tore erzielt.
Paul, zunächst zum unerfreulichen Teil. Wie kannst Du Dir die Leistung in der ersten Halbzeit in Rostock erklären?
(atmet tief ein) Vielleicht mit Unerfahrenheit. Aber das ist Rostock auch. Es hat die Konzentration gefehlt. Vorne wie hinten sind uns dumme Sachen passiert, da ist es schwer, in das Spiel zu kommen. Das müssen wir für Samstag und für die Zukunft abstellen. Sonst werden wir keine Chance haben. Man kann auch die Reise, die große Halle, Aufregung anführen. Aber so richtig erklären kann ich es nicht. Wir haben jedoch das beste daraus gemacht.
War die zweite Halbzeit dann, speziell bei Dir, der „Beast-Mode“, dem Spiel unbedingt die Wende geben zu wollen und sich eine Chance im Rückspiel zu erhalten?
In der ersten Halbzeit hatte ich nur einen Wurf auf aus dem Feld auf das Tor und habe passiv am Spiel teilgenommen. Dadurch gab es einige Positionswechsel im Angriff. Wir haben dann alles oder nichts gespielt und sind mit viel Energie zurückgekommen. Ich habe gemerkt, dass jemand vorangehen muss. Das ist ganz gut gelungen. Bei sieben, acht Toren Rückstand wäre es vorbei gewesen. Deshalb war das Risiko, unser schneller Angriff gut. Die einfachen Fehler, die man so zuletzt vielleicht in der C-Jugend gesehen hat, müssen wir am Samstag unbedingt unterlassen. Es steht 0:0, aber wir haben 31 Auswärtstore. Deshalb sehe ich das Endergebnis überwiegend positiv, mit der Erkenntnis, dass wir 20 Tore in der zweiten Hälfte erzielt haben. 30 Gegentore im Schnitt in der Relegation sind jedoch zu viele. Am Samstag kann nur eine gute Abwehr der Weg sein.
31:31 nach sechs Toren Rückstand. Gibt die Aufholjagd Rückenwind für den Tag der Entscheidung?
Wenn wir verlieren, sind wir raus. Rückenwind gibt das trotzdem. Wir wissen, dass es nicht leicht wird – aber wir spielen voll auf Sieg, wollen gewinnen. Dann haben wir es endlich geschafft. Wir haben es gegen Eisenach erlebt, die Stimmung wird ähnlich sein. Darauf freue ich mich. Jeder wird am Samstag fit sein und Vollgas geben.
Es hat immer wieder den Anschein, Du seist für solche Spiele und Situationen wie am Ende mit dem entscheidenden Siebenmeter zum 31:31 wie gemacht. Ist Verantwortung Motivation statt Bürde für Dich?
Wenn es heiß hergeht mag ich das. Ich scheue mich nicht vor solchen Situationen. Wenn man mit dem Rücken zur Wand steht, man kämpft, in einen Flow und Selbstbewusstsein kommt, dann macht es am meisten Spaß. Wir haben Tore und Aktionen gebraucht. Wir wurden für unser Risiko, unser Wagnis, Mut und Entschlossenheit belohnt.
Wurf ins Glück: Ausgleich zum 31:31 in Rostock durch Paul Kaletsch.
Zwei Süddeutsche Meisterschaften konntest Du schon mit der HSG feiern, diese Saison mit 226 Treffern auch die Torjägerkrone. Doch der Aufstieg fehlt noch. Welchen Wert haben die Titel ohne diese letzte Krönung?
Das hat alles schon seinen Wert, über den man sich nach ein paar Wochen Abstand freuen kann. Das kann mir keiner mehr nehmen. Die Torjägerkrone ist eine individuelle Auszeichnung, für die man im Handball aber nichts bekommt und die ich deshalb nicht zu hoch hängen möchte. Aber ich freue mich darüber. Wir wollen den Aufstieg schaffen, ob im ersten oder zweiten Anlauf ist dann völlig egal. Das persönliche Triple ist das Ziel. Die 2. Bundesliga ist nicht das größte Thema bei mir, vielmehr, dass ich es dann allen gezeigt habe. Die Herausforderung zu bestehen, diesen Modus zu meistern. Wenn wir diese ultimative Herausforderung packen und uns durchsetzen, kann man darauf lange stolz sein. Es ist eine lange Saison, in der man sich mental und körperlich immer wieder durchsetzen muss. Wenn das mit zwei Ringen und einer Krone endet, ist das nicht schlecht. (grinst)
Wie beurteilst Du die Ausgangslage? Ein Sieg reicht, ein Remis mit bis zu 30 Gegentoren auch.
Es gibt nur noch ein finales Spiel. Wir nehmen keinen Vorsprung mit und müssen daher gewinnen. Eine Komfortzone gibt es nicht und eine deutlich bessere Leistung über 60 Minuten wird nötig sein. Eine Schwächephase über 15 Minuten kann man sich nicht erlauben. Der Start fällt vielen daheim aber immer leichter. Das geilste Handballspiel der Saison steht uns bevor. Die Ausgangslage ist gut, aber nicht sehr gut. Es zählt jetzt nur eine gute Leistung.
Das Finale daheim, mit dem Tag der Entscheidung vor der „Gelben Wand“ im eigenen Hexenkessel. Mehr geht sicher nicht an Vorfreude.
Es warten die ultimativen 60 Minuten auf uns, auf die wir ein Jahr hingearbeitet haben. Dafür müssen wir alle bereit sein. Was gibt es Schöneres, als daheim vor voller Halle, mit der Chance zum Aufstieg, einer Feier und Urlaub im Hinterkopf zu starten? Das muss immer präsent sein, auch bei einem Rückstand. Wir müssen an schöne Sachen denken. An Freunde und Familie auf der Tribüne. Ich bekomme immer Besuch vor solchen Spielen und genieße das. Mit positiver Energie und Freude geht es dann auf das Spielfeld. Dann bin ich überzeugt, dass wir es schaffen werden.
Was soll am Samstag in der „Schänzle-Hölle“ passieren?
Am besten fliegt das Dach weg. Es wird mega laut, voll und eng. In Rostock waren es schon viele Zuschauer, aber die Stimmung bei uns ist anders. Das müssen wir annehmen, als Düsenantrieb nutzen und mit der Halle im Rücken ein super Spiel machen.
Was macht Paul Kaletsch dann gegen 21.30 Uhr?
Eskalieren. Durchdrehen, den Emotionen freien Lauf lassen, mit den Menschen, die uns das ganze Jahr unterstützt haben. Mit diesen Menschen zusammen feiern zu können, wäre ein Traum. Ich bin gespannt, das wird in jedem Fall alles sehr emotionsgeladen. Nach einer anstrengenden Spielzeit freut man sich auf eine Belohnung und Erholung. Für die Zuschauer ist die Relegation einfach geil, aber einen Meister wird es erwischen, der nicht aufsteigen darf. Das Gefühl will keiner spüren.
Fragen: Andreas Joas
Quelle: PM HSG Konstanz
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